„Im Endeffekt ist es halt ein Thema, das beide betrifft. Und wir schaffen es auch nur, wenn die Männer mitmachen.“
Sara Urbainczyk
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Wer bohrt Löcher in die Wand und wer packt die Geschenke ein? Sara Urbainczyk von Echte Mams über (fehlende) Gleichberechtigung und die Herausforderungen junger Familien
Die Gründerin des Medienunternehmens „Echte Mamas“ ist im MachtWas!?!-Podcasts zu Gast. Sara Urbainczyk und Michael sprechen im Hamburger-Büro von „Echte Mamas“ über all die Schwierigkeiten, die eine junge Familie im Arbeitsleben erwartet, d.h. in sowohl in der Lohnarbeit als auch in der Care-Arbeit.
„Ich habe manchmal wirklich das Gefühl, dass ich im Wohnzimmer der deutschen Mamas bin.“
Sara Urbainczyk
Es geht um den immensen Druck, der auf Müttern lastet, warum „echt“ nicht „perfekt“ bedeutet, was man sich in der Care-Arbeit von FridaysForFuture abschauen könnte, warum es mittlerweile auch „Echte Papas“ gibt, hässliche deutsche Wörter wie „Rabenmutter“ oder „Fremdbetreuung“ und Kindererziehung, bei der Eltern auch ohne schlechtes Gewissen egoistisch sein dürfen.
Über die Bedeutung des sich Austauschens und Vernetzens nicht nur über Echte Mamas
Sara Urbainczyk erzählt im Podcast, wie sie mit zwei weiteren Müttern, eine Onlinecommunity aufgebaut hat. „Echte Mamas“ hat mittlerweile über eine Million Mitgliederinnen und Mitglieder. Sara Urbainczyk erklärt, warum es in ihrem Unternehmen nur Mitarbeiterinnen gibt und welcher berufliche sowie persönliche Hintergrund diese eint: „Wir glauben einfach, dass eine Muttermarke total gefehlt hat. […] Das heißt nicht, dass wir Väter ausschließen.“
„Als ich noch kein Kind hatte, hat mich das Thema auch noch gar nicht so persönlich betroffen. Ich hab‘ ja auch gedacht: ‚Was haben die denn alle mit ihrer Gleichberechtigung? Was haben die denn alle für Probleme?‘ Das muss doch ganz easy sein.“
Sara Urbainczyk
Social Media sei sehr wichtig, um ein „Wir“-Gefühl herzustellen. Neben Texten würden vor allem Bilder und Videos für virtuelle Nähe und Zusammenhalt sorgen. Sara Urbainczyk macht klar, dass es bei „Echte Mamas“ keine übergeordnete Ideologie und kein „richtig“ oder „falsch“ gibt. Frauen, die länger zuhause bleiben wollen, würde ebenso geholfen, wie denen, die nach der Geburt schnell zurück in den Beruf möchten. Die Rückkehr in den Beruf sei neben dem Thema Gleichberechtigung die meistbesprochene Angelegenheit der Plattform.
Das Märchen der Gleichberechtigung
Wer dachte, dass die Geschlechter mittlerweile gleichberechtigt seien, würde spätestens durch die Schwangerschaft oder eine globale Pandemie aus dieser Illusion gerissen: „Das haben wir ja während Corona auch gesehen. Wenn auf einmal Kindergärten und Schulen zu sind, dann geht es so schnell, dass wir einfach wieder in ganz alte Rollenmuster zurückfallen.“
Sara Urbainczyk spricht im Podcast darüber, dass es ganz normal sei, wenn sich die Rollen in einer Partnerschaft verändern, sobald jemand drittes dazukommt. Man dürfe aber nicht aufhören, diese Rollen zu beobachten und zu hinterfragen: Kommunikation sei essenziell.
„Meine Mutter war zuhause, hat sich die ersten Jahre um das Kind gekümmert. In den Familien haben wir das so gesehen und mitgenommen und das haben wir so abgespeichert. Wir müssen uns erstmal neu programmieren.“
Sara Urbainczyk
Allerdings brauche es auch die richtigen Rahmenbedingungen. Sara von Echte Mamas, appelliert an die Politik, dass Care-Arbeit immer noch nicht ausreichend Wertschätzung erfahren würde. Währenddessen stellt Michael sich eine Utopie vor, in der es werktags eine freiwillige und flächendeckende Kinderbetreuung von 6 bis 21 Uhr gibt. Im Podcast erfahrt ihr, ob das wirklich so utopisch oder nicht doch selbstverständlich sein sollte.
Zwischen den Generationen stehen
Manche Veränderungen bekommen mit der Zeit mehr Gewicht. Sara Urbainczyks fünfjähriger Sohn lerne schon jetzt ein Familienbild kennen, das ganz anders sei als das mit dem sie aufgewachsen ist. Man könne viel Hoffnung aus dem Fortschritt ziehen, der zwangsläufig mit einem Generationenwechsel einhergehen würde. Welche Generationenkonflikte sie auch in ihrem persönlichen Umfeld erlebt, erfahrt ihr im Podcast: „Wir müssen solche Sätze aushalten können. Das ist halt leider so. Und manchmal bringt‘s dann ja auch gar nichts sich zu streiten.“
„Dass halt auch Arbeitgeber die Familie als etwas Natürliches ansehen müssen und nicht nur den Müttern, sondern auch den Vätern mehr Möglichkeiten geben.“
Sara Urbainczyks
Außerdem geht es um mögliche Gründe, warum sowohl Bildungs- als auch Familienpolitik undankbare Themen für Politikerinnen sind. Sara Urbainczyk macht klar, dass der Muttertag definitiv keine ausreichende Wertschätzung vermittelt. Wenn Mütter und Väter unter extremen Belastungen „nur noch funktionieren“, dann sei das ein schlechtes Zeichen. Es müsse keinen Alleinernährer und keine Alleinerzieherin geben. Es ginge vielmehr darum, sich gegenseitig in die Pflicht zu nehmen. Außerdem dürften Eltern auch mal egoistisch sein, ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.
Die Rückkehr in den Beruf und welche Steine einem dabei in den Weg gelegt werden
Nicvht nur Sara, auch die anderen Mitarbeiterinnen bei Echte Mamas kennen die Schwierigkeiten, die einen erwarten, wenn man aus der Elternzeit zurückkehrt zur genüge aus früheren Jobs: „Sobald eine Frau schwanger wird und ein Kind in die Welt kommt, fängt‘s halt an. Wir merken, dass mit der Elternzeit auch ein Karriererückschritt passiert. Dass Frauen einen ‚Mamastempel‘ bekommen.“ Im Podcast erklärt Sara Urbainczyk, dass die Dauer der Elternzeit hierbei eine große Rolle spielt und ebenfalls die Ungleichbehandlung der Geschlechter vorantreibt.
Abschließend macht man sich noch Gedanken über Arbeitszeiten und Konsum. Sara Urbainczyk hat momentan den Eindruck, dass die meisten Menschen beides eher vermindern wollten. Es sei wichtig weiterhin zu realisieren, dass man sich in einem Prozess befindet. Vorurteile und alte Muster seien kein Thema der Vergangenheit: „Wir müssen uns immer wieder daran erinnern, weniger in Schubladen und alten Rollenbildern zu denken. Das ist das Wichtigste.“
Zitate:
05:00 „Wir glauben einfach, dass eine Muttermarke total gefehlt hat. […] Das heißt nicht, dass wir Väter ausschließen.“
07:40 „Ich habe manchmal wirklich das Gefühl, dass ich im Wohnzimmer der deutschen Mamas bin.“
09:50 „Da war sogar ‚Zurück in den Job‘ noch weit vor den Themen ‚Impfen‘ und ‚Kindererziehung‘.“
13:20 „Sobald eine Frau schwanger wird und ein Kind in die Welt kommt, fängt‘s halt an. Wir merken, dass mit der Elternzeit auch ein Karriererückschritt passiert. Dass Frauen einen ‚Mamastempel‘ bekommen.“
16:20 „Meine Mutter war zuhause, hat sich die ersten Jahre um das Kind gekümmert. In den Familien haben wir das so gesehen und mitgenommen und das haben wir so abgespeichert. Wir müssen uns erstmal neu programmieren.“
19:05 „Das haben wir ja während Corona auch gesehen. Wenn auf einmal Kindergärten und Schulen zu sind, dann geht es so schnell, dass wir einfach wieder in ganz alte Rollenmuster zurückfallen.“
22:20 „Es gibt so viele Baustellen, die wir haben. Jahre haben wir uns nicht um das Thema gekümmert; ist halt einfach so!“
26:50 „Im Endeffekt ist es halt ein Thema, das beide betrifft. Und wir schaffen es auch nur, wenn die Männer halt mitmachen.“
31:16 „Als ich noch kein Kind hatte, hat mich das Thema auch noch gar nicht so persönlich betroffen. Ich hab‘ ja auch gedacht: ‚Was haben die denn alle mit ihrer Gleichberechtigung? Was haben die denn alle für Probleme?‘ Das muss doch ganz easy sein.“
38:35 „Wir müssen solche Sätze aushalten können. Das ist halt leider so. Und manchmal bringt‘s dann ja auch gar nichts sich zu streiten.“
43:15 „Dass halt auch Arbeitgeber die Familie als etwas Natürliches ansehen müssen und nicht nur den Müttern, sondern auch den Vätern mehr Möglichkeiten geben.“
46:30 „Mütter, auch Väter, sind halt so erschöpft, weil sie sich aufopfern für die Kinder und ich glaube da können wir vielleicht auch etwas Druck rausnehmen. Es ist total okay sich mal eine Auszeit zu nehmen und dabei kein schlechtes Gewissen zu haben.“
55:18 „Wir müssen uns immer wieder daran erinnern, weniger in Schubladen und alten Rollenbildern zu denken. Das ist das Wichtigste.“