„Dass pro Woche, drei Kinder in Deutschland gewaltsam zu Tode kommen, das klingt nur wie eine Zahl, aber dahinter stecken dramatische Schicksale.“
Katrin Weidemann
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Katrin Weidemann über Kinderrechte, Spendenbereitschaft und ganzheitliche Unterstützung auch jenseits von Glaubensfragen
Katrin Weidemann, die Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe ist im MachtWas!?!-Podcast zu Gast. Die Theologin aus München war auch schon vor ihrer Zeit bei der Kindernothilfe als Pfarrerin in der Notfallseelsorge und Krisenintervention tätig.
Im Podcast spricht sie über die Entstehungsgeschichte des Vereins im Rahmen des evangelischen Kirchentags und darüber, wie die Förderung von den sogenannten „Patenkindern“ funktioniert. Warum muss die Kindernothilfe auch in Deutschland aktiv sein? Und wie möchte sie Menschen für die Kindernothilfe gewinnen? „Ich würde niemandem unserer Unterstützer etwas vorschreiben wollen. Aber Zusammenhänge aufzeigen, Bewusstsein schaffen und das verantwortbar selbst Entscheidungen getroffen werden können – das will ich auf jeden Fall.“
Wie funktioniert ein global agierender „Verein“?
Seit sechs Jahren ist Katrin Weidemann Vorstandsvorsitzende der Kindernothilfe. In dem Verein arbeitet ein 180 köpfiges Team am Hauptstandort Duisburg. Im Podcast verrät Katrin Weidemann, dass man sich zu 80 Prozent über private Spender finanziere und der Großteil von den sogenannten Patinnen und Paten kommt. Zuschüsse geben allerdings auch die Kirche und der Staat. Der Rest des Geldes kommt durch Unternehmenskooperationen zustande. Wofür die letztjährlichen Erträge von 83,8 Millionen Euro aufgewendet werden, erfahrt ihr im Podcast.
„Hier unterstützen Menschen Kinder und Jugendliche an anderen Orten, um deren Lebenssituation zu verbessern.“
Katrin Weidemann
Katrin Weidemann erzählt, dass NGOs, die sich durch Spenden finanzieren, sich jährlich prüfen lassen können. Dann erhalten sie ein Spendensiegel. Michael möchte wissen, wer dieses Spendensiegel unter welchen Kriterien vergibt.
Woher kommt Altruismus?
Im Podcast stellt Katrin Weidemann Vermutungen darüber an, warum die Anzahl der Spenderinnen momentan abnimmt aber die etablierten Spender gleichzeitig tiefer in die Tasche greifen. Aber warum spendet überhaupt jemand?
„Ein Beweggrund, den wir immer wieder hören, ist Dankbarkeit für die eigenen Lebensmöglichkeiten.“
Katrin Weidemann
Katrin Weidemann erklärt im Podcast, aus welchen vielfältigen Motivationen heraus die Spenderinnen und Spender für Projekte der Kindernothilfe Geld geben. Als gelernte Theologin möchte Katrin Weidemann auch die christliche Nächstenliebe nicht unerwähnt lassen. Aber auch das Selbstverständnis ein Teil der großen „Menschenfamilie“ zu sein, sei ausschlaggebender als man oft erwarten würde. Michael bohrt nach, ob nicht auch viele nur etwas geben, um ihr eigenes Gewissen zu verbessern. Und wie schneidet eigentlich Deutschland im internationalen Spendenvergleich ab? „In Deutschland ist die Spendenbereitschaft, insbesondere bei humanitären Katastrophen, sehr groß.“
Auf wen beschränkt sich christliche Nächstenliebe?
Katrin Weidemann beschwört, dass unabhängig von Kategorien wie Herkunft oder Religion, nach innen wie nach außen gehandelt werden würde. Keine Mitarbeiterin der Kindernothilfe müsse Mitglied der Kirche oder gläubig sein. Auch die Projekte der Kindernothilfe würden völlig unabhängig von solchen Kriterien ausgewählt.
„Wir würden nicht in Ländern arbeiten, wenn uns der Staat Regeln aufzwingt, wie zum Beispiel Abgaben oder Steuern, die das Regime unterstützen. […] Das wäre zum Beispiel in Syrien der Fall.“
Katrin Weidemann
Wonach werden dann die Länder und Projekte ausgewählt? Die Kindernothilfe interessiert sich nicht für das BIP, sondern für den IHDI (Inequality-adjusted Human Development Index): „Auf diesem IHDI arbeiten wir uns quasi vom Ende nach oben.“ Eine klare Beschränkung gibt es jedoch: Die Kindernothilfe arbeitet im Rahmen ihrer Projekte nicht mit „restriktiven Regierungen“ (oder Diktaturen) zusammen, wenn diese sich nicht für Kinderrechte einsetzen oder die Hilfe der Organisation zweckentfremden wollen.
Im Podcast bringt Katrin Weidemann Beispiele von Diktaturen an, in denen man trotz eines oppressiven Regimes aktiv sei. Sie sieht darin ein „Mehrmandat“, wenn sie sich gerade dort einsetzen, wo Menschenrechte leiden.
„Es genügt nicht da einfach eine Schule hinzustellen und dann zu sagen: ‚Geht da mal rein.'“
Katrin Weidemann
Katrin Weidemann betont, dass es um ganzheitliche Lösungen geht. Nicht nur das einzelne Kind, sondern die Schulen, Familien und Infrastruktur sind wichtig. Mit der Förderung eines bestimmten Kindes, fördere man schließlich auch das soziale Umfeld desjenigen. Allerdings müsse auch das Bewusstsein, dass es nützlich ist, wenn Kinder zur Schule gehen, bei den Erwachsenen hervorgerufen werden. Ohne die Eltern geht es nicht.
Ein Ausblick in die Zukunft und das Kindeswohl in Deutschland
Katrin Weidemann spricht darüber, wie die Kindernothilfe bereits zu Beginn der Pandemie auf die negativen Langzeitfolgen für Kinder hingewiesen habe. Michael und Katrin Weidemann überlegen im Podcast, welche Zusammenhänge es zwischen Kindeswohl, Demokratie und Wohlstand gibt.
„Dass pro Woche, drei Kinder in Deutschland gewaltsam zu Tode kommen, das klingt nur wie eine Zahl, aber dahinter stecken dramatische Schicksale.“
Katrin Weidemann
Auch in Deutschland ist eine größeres Trainerteam der Kindernothilfe für Projekte tätig. Katrin Weidemann macht klar, dass Kindesmissbrauch in allen gesellschaftlichen Bereichen vorkomme. Arbeit gebe es überall. Ob das im Vereinssport sei oder bei der Betreuung von unbegleiteten, minderjährigen Flüchtlingen.
Zum Schluss gibt Katrin Weidemann nochmal einen Überblick über all das, was man schon erreicht habe und was in den letzten Jahrzehnten besser geworden sei. Sie ist zuversichtlich, dass sich die Situation der Kinder auch in den nächsten zehn Jahren weiter verbessern wird.
Zitate:
00:06:06 „Hier unterstützen Menschen Kinder und Jugendliche an anderen Orten, um deren Lebenssituation zu verbessern.“
00:21:44 „Ein Beweggrund, den wir immer wieder hören, ist Dankbarkeit für die eigenen Lebensmöglichkeiten.“
00:23:46 „In Deutschland ist die Spendenbereitschaft, insbesondere bei humanitären Katastrophen, sehr groß.“
00:28:24 „Ich bin grundsätzlich davon überzeugt, dass eine […] Verbesserung nicht gegen Unternehmen, sondern nur zusammen mit ihnen möglich ist.“
00:30:52 „Wir sind von Christen gegründet worden und wir verstehen uns immer noch als christliches Kinderrechtswerk. Meine Position als Vorstandsvorsitzende ist immer noch an eine ordinierte Theologin gebunden.“
00:35:16 „Auf diesem IHDI arbeiten wir uns quasi vom Ende nach oben.“
00:38:36 „Es genügt nicht da einfach eine Schule hinzustellen und dann zu sagen: ‚Geht da mal rein.'“
00:46:29 „Naja, also ich bekomme jetzt nicht jeden Tag Anrufe von Politikern, die schulterklopfend gratulieren.“
00:57:42 „Ich würde niemandem unserer Unterstützer etwas vorschreiben wollen. Aber Zusammenhänge aufzeigen, Bewusstsein schaffen, dass verantwortbar selbst Entscheidungen getroffen werden können. Das will ich auf jeden Fall.“
01:01:53 „Wir würden nicht in Ländern arbeiten, wenn uns der Staat Regeln aufzwingt, wie zum Beispiel Abgaben oder Steuern, die das Regime unterstützen. […] Das wäre zum Beispiel in Syrien der Fall.“
01:04:09 „Dass pro Woche, drei Kinder in Deutschland gewaltsam zu Tode kommen. Das klingt nur wie eine Zahl, aber dahinter stecken dramatische Schicksale.“
01:08:28 „Kinderrechte machen an keiner Grenze halt.“