„Wir entwickeln keine Produkte, wo wir sagen: ‚Das ist jetzt ’ne Kinderschokolade!‘ Ohne jetzt hier Markenrechte verletzen zu wollen.“
Michael Lessmann
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Michael Lessmann über den Kampf zwischen David und Goliath, die perfekte Schokolade und den Einfluss der Familie Ritter
Michael Lessmann von Ritter Sport ist im MachtWas!?!-Podcast zu Gast. Der Managing Director DACH und Nordics spricht im Podcast über den Gebrauch von Anglizismen in einem schwäbischen Familienunternehmen und den Wettbewerb mit lilafarbenen und anderen Konkurrenten. Ritter Sport ist selbst kein Konzern, beschäftigt aber 1650 Mitarbeiterinnen weltweit: Von der Marketingchefin bis zu den Bauern auf einer eigenen Kakaoplantage in Nicaragua.
MachtWas!?! Host Michael und Michael Lessmann sprechen im Podcast über die Familie Ritter, emotionalen und monetären Gewinn, die Kompatibilität von Ernährungstrends und Genussprodukten und warum Nachhaltigkeit nicht so einfach umzusetzen sei.
Die Anti-Aroma-Aura der Familie Ritter
Michael Lessmann erklärt, dass Ritter Sport im globalen Wettbewerb eine besondere Rolle einnimmt: „Wenn ich an so eine klassische David gegen Goliath-Abbildung denke, dann ist der Goliath irgendwie fünf-, sechsmal größer als David. […] Unsere Wettbewerber sind nicht nur fünf- bis sechsmal größer als wir. Da ist so 10- bis 30-mal größer die richtige Größenordnung.“
Das führe dazu, dass auch die Marketingleiterin die jeweiligen Schichtleiter persönlich kenne und Kommunikation unkomplizierter stattfindet. Im Podcast erklärt Michael Lessmann seine eigene Rolle im Unternehmen, die vor allem mit dem Kontakt zum Handel und Marketing zu tun hat.
„In Baden-Württemberg werden wir im Supermarkt als regionaler Lieferant deklariert. So wie der Hofbauer hier im Supermarkt um die Ecke.“
Michael Lessmann
Neben Deutschland sei auch Russland ein großer Markt für Ritter Sport. Michael Lessmann spricht über die Arbeit mit Partnern in anderen Ländern. Diesen gibt man das Produkt in die „vertrauensvollen Hände“, damit Ritter Sport nicht jeden Markt in Eigenregie erschließen muss: „Ich wüsste kein Land, in dem man Ritter Sport nicht bekommen würde.“ Wie das genau funktioniert, sei von Land zu Land unterschiedlich.
Michael Lessmann spricht über den Einfluss der Familie Ritter und wie sich deren Präsenz auf vieles aber nicht die operativen Prozesse auswirken würde: „Dass die Familie Ritter ein großes Interesse daran hat, wie ihr Name vermarktet wird – um dieses Unwort mal zu verwenden – ist natürlich absolut nachvollziehbar. Wenn mein Name auf dem Produkt stehen würde, würde ich auch zweimal nachgucken.“
Dadurch, dass Ritter Sport nicht an der Börse gelistet ist, müsse man auch nicht jede Entscheidung rechtfertigen. Aroma wird man nie in einer Ritter Sport Schokolade finden werden.
Wo Schokolade aufhört und Kakaofruchttafel anfängt
Michael Lessmann spricht im Podcast über den Dauerrenner Alpenmilch und das Entdecken von neuen Geschmacksrichtungen. Im Kontakt mit den Kunden über Social Media würde sich da nicht jeder Vorschlag als realisierbar erweisen. Während die Produktion mit vielen Ideen nichts anfangen kann, hat die Marketingabteilung daraus eine ganze Kampagne gemacht. Fakesorten werden vorgestellt, bewertet und geteilt. Von Chili con carne bis hin zu Mett.
„Wenn ich ins Internet gehe und nach Ritter Sport-Fakesorten suche, dann habe ich mehr Hits als wir Schokolade am Tag verkaufen können. Weil eben dieser Spaß dabei ist.“
Michael Lessmann
Apropos Marketing: Im Podcast geht es auch um die Kakaofruchttafel „Cacao Y Nada“. Diese habe Ritter Sport nicht als Schokolade vermarktet, da man sich nicht sicher war, ob man damit den Definitionsstandards der Lebensmittelbehörden entsprechen würde. Diese schreiben voraus, dass in einer Schokolade Zucker enthalten sein muss. Julia Klöckner, die Bundesministerin für Ernährung und Landwirtschaft hat mittlerweile höchstpersönlich klargestellt, dass „Cacao Y Nada“ eine Schokolade ist.
Michael Lessmann erklärt, warum Ritter Sport nicht jeden Ernährungstrend mitmachen würde. Ein Genussprodukt sei eher ungeeignet, um für eine eiweißstarke Ernährung zu werben. Man isst nun mal keine Schokolade, um Muskeln aufzubauen.
Verantwortliche Werbung auch ohne Ernährungsampel
Michael Lessmann geht im Podcast auf Ernährungsampeln wie den Nutri-Score ein. Seiner Meinung nach müsse man für ein offensichtliches Genussprodukt wie Schokolade keine zusätzlichen Warnungen auf die Verpackung drucken. Dennoch würde man darauf achten, dass man mit Ritter Sport nicht gezielt Kinder anspricht. Werbung richtet sich nicht an ein junges Publikum und es werden keine Produkte entwickelt, die sich speziell an Vorlieben von Kindern orientieren: „Wir entwickeln keine Produkte, wo wir sagen: ‚Das ist jetzt ’ne Kinderschokolade!‘ Ohne jetzt hier Markenrechte verletzen zu wollen.“
„Es gibt ja Produkte, wo das Thema verstecke Fette und Zucker ein ganz anderes Thema ist. Und das ist in der Schokolade ja eigentlich nicht so.“
Michael Lessmann
Michael Lessmann ist davon überzeugt, dass seine eigene Marke vor allem eine hohe Qualität ausmachen würde. Im Podcast geht es darum, wie die Unternehmenskommunikation bei Ritter Sport arbeitet, damit das auch bei der Endkundin ankommt.
Neben zwei eigenen Geschäften und einem Online-Shop „für die Fans“, vertreibt Ritter Sport seine Schokolade fast überall: „Wir sind uns aber ganz klar bewusst: Das Kerngeschäft heute, das Volumen, das sind heute die großen Handelsketten. Und da kann man über Abhängigkeiten reden, aber ich glaube das ist eine gegenseitige Abhängigkeit.“
Michael Lessmann verdeutlicht, dass Schokolade nicht über das Regal, sondern über separat aufgestellte Displays und Aktionen im Supermarkt verkauft wird. Ohnehin sei Schokolade ein besonderes Produkt. Das schreibe man sich nicht auf den Einkaufszettel, sondern greift es im Vorbeigehen aus dem Regal heraus.
Nachhaltigkeit durch eigene Kakaoplantagen in Nicaragua
Michael möchte wissen, wie Nachhaltigkeit und mehrfach verpackte Ritter Sport Minis zu vereinbaren sind. Das ist nun mal mehr Plastikmüll pro Gramm Schokolade als nötig wäre. Langfristig habe man das Ziel ganz von Kunststoff wegzukommen, macht Michael Lessmann klar. Das sei aber nicht so einfach. Insbesondere der Fett- und Ölgehalt der Schokolade harmoniert nicht mit Papier: „Fakt ist, da gibt es Lösungsansätze. Wir arbeiten daran, wir stellen auch schon erste Produkte um. Um Verpackungen insbesondere auf Papier umzustellen.“
Die Bedingungen unter denen Kakaobohnen geerntet werden sind ähnlich problematisch, wie die Zustände auf Kaffeeplantagen. Ritter Sport betreibt deshalb seit langem eine eigene Kakaoplantage in Nicaragua: „Wir planen schon 20 % unseres Kakaobedarfs über die eigene Plantage zu bedienen.“
Im Podcast erklärt Michael Lessmann, warum man nicht den kompletten Bedarf mit eigenen und fair gehandeltem Kakao decken könne: Der Markt sei limitiert. Außerdem würde man durch die eigene Plantage deutlich mehr pro Bohne zahlen als auf dem Weltmarkt üblich. Wenn man also nur noch auf die Eigenproduktion setzt, müsse die Endkundin am Ende die Mehrkosten tragen.
„Immer, wenn ich irgendwo in einem relativ kleinen Land, Kleinbauern irgendwo tätig habe, dann habe ich immer Probleme daran, die sozialer Natur sind.“
Michael Lessmann
Neben einer eigenen Plantage engagiere sich Ritter Sport aber auch in anderen Bereichen für Nachhaltigkeit. Man beschäftige Mitarbeiterinnen, die durch die Welt reisen und Kakaobauern vor Ort über die unterschiedlichsten Themen aufklären. Abschließend lädt Michael Lessmann alle Hörerinnen und Hörer ein, Schokoladen von unterschiedlichen Anbietern miteinander zu vergleichen. Da würde man schnell einen Unterschied zur quadratischen Schokolade bemerken.
Zitate:
00:04:22 „In Baden-Württemberg werden wir im Supermarkt als regionaler Lieferant deklariert. So wie der Hofbauer hier im Supermarkt um die Ecke.“
00:06:59 „Wenn ich an so eine klassische David gegen Goliath-Abbildung denke, dann ist der Goliath irgendwie fünf-, sechsmal größer als David. […] Unsere Wetterbewer sind nicht nur fünf- bis sechsmal größer als wir. Da ist so 10- bis 30-mal größer die richtige Größenordnung.“
00:11:34 „Ich wüsste kein Land, in dem man Ritter Sport nicht bekommen würde.“
00:16:56 „Dass die Familie Ritter ein großes Interesse daran hat, wie ihr Name vermarktet wird – um dieses Unwort mal zu verwenden – ist natürlich absolut nachvollziehbar. Wenn mein Name auf dem Produkt stehen würde, würde ich auch zweimal nachgucken.“
00:24:47 „Unsere Top-5-Produkte, die wir heute […] in eigentlich jedem Supermarkt in Deutschland vertreten haben, die waren auch vor 15 Jahren schon im Sortiment.“
00:32:24 „Wenn ich ins Internet gehe und nach Ritter Sport-Fakesorten suche, dann habe ich mehr Hits als wir Schokolade am Tag verkaufen können. Weil eben dieser Spaß dabei ist.“
00:42:18 „Nein, wir haben keine Markenpolizei aber wir haben einen sehr, sehr guten offenen Dissens […], probieren viel aus und natürlich gibt es mal Experimente oder Überlegungen, wo jemand sagt: ‚Das geht jetzt zu weit.'“
00:48:14 „Es gibt ja Produkte, wo das Thema verstecke Fette und Zucker ein ganz anderes Thema ist. Und das ist in der Schokolade ja eigentlich nicht so.“
00:51:02 „Wir entwickeln keine Produkte, wo wir sagen: ‚Das ist jetzt ’ne Kinderschokolade!‘ Ohne jetzt hier Markenrechte verletzen zu wollen.“
01:00:45 „Die Emotionalität, die wir für die Marke haben, hat so ein Zentraleinkäufer halt nicht immer.“
01:03:40 „Wir sind uns aber ganz klar bewusst: Das Kerngeschäft heute, das Volumen, das sind heute die großen Handelsketten. Und da kann man über Abhängigkeiten reden, aber ich glaube das ist eine gegenseitige Abhängigkeit.“
01:13:42 „Fakt ist, da gibt es Lösungsansätze. Wir arbeiten daran, wir stellen auch schon erste Produkte um. Um Verpackungen insbesondere auf Papier umzustellen.“
01:17:09 „Immer, wenn ich irgendwo in einem relativ kleinen Land, Kleinbauern irgendwo tätig habe, dann habe ich immer Probleme daran, die sozialer Natur sind.“
01:18:36 „Wir planen schon 20 % unseres Kakaobedarfs über die eigene Plantage zu bedienen.“