„Das Leben für Putin ist auch gefährlicher geworden im letzten Jahr.“
Prof. Dr. Nicole Deitelhoff
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Prof. Dr. Nicole Deitelhoff über den Russland-Ukraine-Krieg und seine Entwicklung und ab wann ein Krieg nicht mehr aufzuhalten ist
Prof. Dr. Nicole Deitelhoff ist Friedens- und Konfliktforscherin und spricht im Podcast über sich wiederholende Muster in Kriegen und wie diese aufgelöst werden können. Im Fokus steht dabei der russische Angriffskrieg auf die Ukraine. Host Michael möchte unter anderem wissen, ob es Parallelen zum zweiten Irak-Krieg gibt und welche Rolle Deutschland in der Beendigung des Krieges spielt. Es geht auch um den Konflikt zwischen China und Taiwan und wie viel sich wirklich aus der Geschichte lernen lässt.
Die wichtigsten Timecodes dieser MachtWas!?!-Folge:
- 00:02:24: Deitelhoffs Rolle in den Medien
- 00:04:33: Die Anfänge desRussland-Ukraine-Krieges
- 00:09:34: Ab wann ist eine Kriegsentscheidung nicht mehr aufzuhalten?
- 00:17:44: Putin und Hitler im Vergleich
- 00:25:34: Parallelen im China-Taiwan-Konflikt
- 00:32:09: Entwicklung des Russland-Ukraine-Krieges
- 00:49:42: Vergleiche zweiter Irak-Krieg und Russland-Ukraine-Krieg
- 00:53:38: Beendigung des Ukraine-Krieges und Deutschlands Rolle
Anfänge des Russland-Ukraine-Krieges
Podcast-Host Michael und Nicole Deitelhoff blicken gemeinsam zurück auf den 24.02.22: Der Beginn des russischen Angriffskrieges auf die Ukraine. Unsere Expertin berichtet von ihren Gefühlen an diesem Tag und dass der Überfall sie nicht überrascht hat. Denn der sogenannte ‚Point of no return‘ sei schon 2021 zu beobachten gewesen. Der Vorlauf für den Krieg hat bereits 2007/2008 mit der Konfliktkonstellation zwischen Russland und der NATO begonnen, erklärt Deitelhoff. Sie beschreibt weiterhin, wann eine Kriegsplanung für die Öffentlichkeit sichtbar wird und welche Vorbereitungen dafür über Jahre hinweg innerhalb eines Staates getroffen werden.
Putin und Hitler im Vergleich
Welche Ähnlichkeiten und Unterschiede gibt es zwischen Putin und Hitler? Deitelhoff definiert beide Männer als Aggressoren, denen die Norm und Konsequenzen ihres Handelns gleichgültig ist. Die beiden trenne jedoch eine unterschiedliche Kriegslogik voneinander. Laut unserer Expertin verfolgt Putin vor allem imperiale Ziele, während Hitler in erster Linie einer Vernichtungslogik nachgegangen ist. In der Podcastfolge gehen Michael und Deitelhoff außerdem der Frage auf den Grund, ob der Westen Putin nicht bereits 2014 hätte stoppen können.
Parallelen im China-Taiwan-Konflikt
„Verflechtungen mit China und Verflechtungen mit Russland ist wie zwei unterschiedliche Universen.“
Prof. Dr. Nicole Deitelhoff
Im China-Taiwan-Konflikt gibt es Ähnlichkeiten zum Russland-Ukraine-Krieg. Kann der Westen also aus der aktuellen Situation lernen und dadurch eine Eskalation zwischen China und Taiwan vermeiden? Deitelhoff hält es auf jeden Fall für notwendig, die Verflechtungen mit China auf den Prüfstand zu stellen. Diese seien deutlich komplexer als mit Russland und dadurch auch schwieriger zu lösen. Unsere Expertin plädiert jedoch dafür, diese nicht nur negativ zu bewerten, sondern auch Gewinne aus den Verknüpfungen zu schöpfen. Insgesamt rät sie Europa, Beziehungen zu anderen Staaten genau zu überlegen, Konflikttreiber zu vermeiden und Exit-Strategien zu entwickeln. Als negatives Beispiel einer Abhängigkeit nennt sie beispielsweise die Energieimporte aus Russland.
Beendigung des Krieges durch Drittstaaten
Laut Deitelhoff enden Kriege zwischen Staaten häufig dann, wenn eine Seite der anderen unterliegt, es zu Stillstand kommt oder es innenpolitische Widerstände gibt. Ohne Verhandlungen sei ein solcher Ausgang jedoch gefährlich. Kriege werden dann meist nur pausiert und drohen, auf lange Sicht immer wieder auszubrechen. Deshalb rät unsere Expertin, dass Drittstaaten eingreifen sollen. Im Fall Russland-Ukraine spricht sie davon, eine Parität herzustellen, indem Russland sanktioniert und die Ukraine mit Waffenlieferungen, Trainings, etc. unterstützt wird. Leider gebe es in der Beendigung von Kriegen aber keine exakte Wissenschaft, weshalb sie die eher zögerliche Linie Deutschlands auch nicht verteufelt. Sie hält es für richtig, behutsam vorzugehen und zu schauen, was bestimmte Entscheidungen für Auswirkungen haben.
Zitate:
00:02:54: „Bei Themen, die auch in der Öffentlichkeit durchaus kontrovers diskutiert werden – wo vielleicht auch Ängste mitschwingen – da kommt es dann eben auch zu heftigen Reaktionen.“
00:07:19: „Was uns diese historischen Krise und Kriege eigentlich lernen, ist eher dass wir Muster erkennen können, dass wir Verläufe vielleicht besser einschätzen können, aber nicht dass wir sagen können: Das ist jetzt genau wie vor 80 Jahren, vor 85, vor 185 Jahren.“
00:07:42: „Die Geschichte wiederholt sich nicht, sondern sie zeigt ähnliche Webmuster wieder auf, aber ähnliche Webmuster sind eben nicht identisch.“
00:15:00: „Das Leben für Putin ist auch gefährlicher geworden im letzten Jahr.“
00:25:24: „Diesen schaffen wir noch ganz gut – die Reserven sind da, aber der nächste Winter wird sehr viel härter.“
00:27:06: „Verflechtungen mit China und Verflechtungen mit Russland ist wie zwei unterschiedliche Universen.“
00:41:23: „China ist im Grunde genommen der einzig relevante Partner, den Russland noch hat.“
00:52:43: „Wenn man sich dagegen jetzt den russischen Feldzug in der Ukraine anschaut, dann geht es schlicht und einfach darum imperiale Ziele durchzusetzen – nämlich zu sagen die Ukraine hat kein Recht neben mir zu existieren.“
00:54:26: „Ich glaube, dass Deutschland eine wichtige Rolle hat in diesem Krieg und auch in der Beendigung dieses Krieges.“