„Nicht nur der dicke Marker.“
Per Ledermann, CEO
Höre den MachtWas!?! Podcast auf Apple Podcast, Spotify, Google Podcasts, Pocket Casts oder Deezer.
Wie leitet man ein börsennotiertes Familienunternehmen, dessen Hauptprodukt nicht nur der bekannte dicke Stift ist?
In der ersten Folge vom MachtWas!?!-Podcast spricht Michael mit Per Ledermann, dem CEO der edding AG. Es geht um die unterschiedlichen Bedeutungen von Digitalisierung, die ganz besonderen Herausforderungen für ein mittelständisches, börsennotiertes Familienunternehmen und warum edding es sich leisten kann, auf große Werbekampagnen zu verzichten.
Außerdem diskutieren die beiden, ob es möglich ist, eine unternehmerische Rockband in ein „Old School“ Unternehmensorchester zu integrieren.
Das Familienunternehmen edding und alte Briefe aus Japan
Per Ledermann ist der Sohn eines der beiden Unternehmensgründer und leitet das Unternehmen seit 15 Jahren. Er erläutert im Podcast, wie der Geist eines Familienunternehmens bewahrt werden konnte als edding an die Börse ging. Angefangen hat edding als Handelsunternehmen, das japanische Produkte gekauft, gebrandet und weiterverkauft hat.
Per Ledermann spricht auch darüber, wie sich sein eigenes Verständnis von sogenannter „ehrlicher Arbeit“ verändert hat, seitdem er nicht mehr als Unternehmensberater tätig ist, und was es heißt, als Führungsperson vor allen Dingen ein Gefühl von Sicherheit in ein Unternehmen zu bringen. Dafür führe man auch gerne mal grundlos irgendwohin: „Das fühlt sich ein bisschen so an wie der Grüßonkel. Aber im Endeffekt ist das eben genau die ehrliche Arbeit, die ich dann auch mehr als jeder andere leisten kann.“
Manchmal blicke er neidisch auf die lockeren Strukturen und Möglichkeiten des Ausprobierens in der StartUp- und Gründerszene. Trotzdem weiß Per Ledermann, dass er am Ende des Tages doch lieber in einem Unternehmen mit Geschichte arbeitet. Im Podcast erzählt er, dass er sich manchmal sogar disziplinieren müsse, wenn er Briefe aus den 60er Jahren findet, die sein Vater aus Japan geschickt hat. Ansonsten verbringe er zu viel Zeit mit dem „Heritage“ (wie er es nennt) des Unternehmens.
Per Ledermann will Digitalisierung nicht isoliert besprechen; „Pizza hat man auch vor 30 Jahren schon von zuhause aus bestellt.“
Bei Schlagwörtern wie Digitalisierung läuft man schnell Gefahr, über unterschiedliche Themen zu sprechen, oder verbindet diese zusammenhangslos mit weiteren Schlagwörter wie „Deep Learning“ und „Blockchain“. Per Ledermann betrachtet Digitalisierung nicht isoliert, sondern verdeutlicht, was dies für verschiedene Bereiche eines Unternehmens jeweils bedeutet. So sei es in einem alteingesessenen Unternehmen oft auch schon ein Schritt in Richtung Digitalisierung, wenn MitarbeiterInnen sich ihre E-Mails nicht mehr ausdrucken und abheften lassen.
Per Ledermann spricht im Podcast über Herausforderungen, die sich direkt auf Produktentwicklung und Vertrieb ausgewirkt haben. Der schwarze Filzstift sei fast komplett aus der Logistik verschwunden und so ein Bereich müsse dann mit neuen Produkten substituiert werden. Heute entwickelt Edding beispielsweise digital auslesbare Tinte, Nagellack, Spraydosen, Gloss-Marker oder Industriedrucker.
„Uns wird zugetraut, Farbe auf Oberflächen zu bringen.“
Per Ledermann, CEO
Was machen diese Veränderungen mit dem in Ahrensburg ansässigen Unternehmen?
Per Ledermann beschreibt im Podcast die Herausforderung kleine neue Teams, die als metaphorische Rockbands „erstmal drauflosjammen“ dürfen, mit dem etablierten Orchester in Einklang zu bringen. Dezentralisation im Raum wie auch in der Entscheidungsgewalt seien hier wichtig.
Das Thema Macht diskutieren Michael und Per in Zusammenhang mit der Stärke einer Marke und den Auswirkungen auf Platzierungen im Handel. Was bedeutet eine starke Marke in den Preisverhandlungen und wann muss man auch mal nein sagen?
Direkter Kontakt zur Endkundin statt großer Werbekampagnen
Wenn man Per Ledermann fragt, muss man keine große Werbung für ein Produkt machen, das ohnehin schon jeder kennt: „Einen edding hatte schon so ziemlich jeder mal in der Hand und wenn nicht, dann sollte das schnellstens nachgeholt werden.“
Die Digitalisierung könne eine Riesenchance sein, um in den direkten Kontakt mit dem Endkunden zu kommen. Per Ledermann erklärt, warum sich die Kommunikationsarbeit in den nächsten fünf Jahren in seinem Unternehmen auf den direkten Kontakt zum Endkunden ausrichten wird: „Die größte Lücke ist, dass wir ein Markenunternehmen sind, das wenig darüber weiß, was später mit unserem Produkt beim Konsumenten passiert.“ Am Ende müsse der Wurm doch dem Fisch und nicht dem Angler schmecken. Die Betriebsblindheit immer wieder zu hinterfragen, täte schließlich jedem Unternehmen gut.
Zum Schluss des Podcasts erzählt Per Ledermann, dass edding bald auch Farbe unter die Haut bringen wird und damit ein ganz neues Spielfeld betritt. Michael möchte dann noch wissen, wie Pers Kontakte zum Ahrensburger Bürgermeister sind und ob Schleswig-Holsteins Ministerpräsident direkt ans Telefon geht, wenn der Herr Ledermann anruft.
Zitate:
22:20 „Pizza hat man auch vor 30 Jahren schon von zuhause aus bestellt.“
40:10 „Das fühlt sich ein bisschen so an, wie der Grüßonkel. Aber im Endeffekt ist das eben genau die ehrliche Arbeit, die ich dann auch mehr als jeder andere leisten kann.“
40:30 „Fachlich gibt es wahrscheinlich nicht so viel, was nicht viele Leute hier im Unternehmen besser können als ich.“
24:50 „Wir bringen hier Farbe auf Oberfläche.“
25:30 „Wir haben in unserer ganzen Geschichte noch nie die Farbe 002 gebraucht, also das ist rot, um das Ergebnis zu schreiben.“
31:00 „Jeden den ich nicht erreiche. Da habe ich in meinem Leadership versagt.“ Per muss hier Überzeugungsarbeit leisten. Sieht Per das eher als eine Ansage oder als eine Aufgabe, alle mitzunehmen.
33:00 Das hohe Professionalitätslevel und die Prozessqualität werden abgewogen mit Raum, um neue Wege auszuprobieren. Warum ist das so schwierig in etablierten Unternehmen? Weil da Mitarbeiter bezahlt werden müssen und man nicht gerade mit zwei Freunden ein neues Unternehmen mit VC gegründet hat.
36:00 Es war damals ein Riesenschritt zu sagen, dass man sich breiter in der Produktion aufstellen muss. Der deutsche Fachhandel ist aber immer noch der wichtigste und da muss man die Qualität hochhalten. Fachhandelspartner Nummer 1 ist edding, „so oft war nicht mal der FCB in Folge Meister.“
50:00 „Wir realisieren Millionen von Kontakten allein über das Produkt. […] Unser kürzester Weg zum Konsumenten ist die Anwendung.“
50:30 „Einen Edding hatte schon so ziemlich jeder mal in der Hand und wenn nicht, dann sollte das schnellstens nachgeholt werden.“
53:30 „Die größte Lücke ist, dass wir ein Markenunternehmen sind, das wenig darüber weiß, was später mit unserem Produkt beim Konsumenten passiert.“ An vielen Stellen haben wir gar nicht den Zugriff darauf was wird mit unseren Produkten gemacht. Da ist die Digitalisierung eine Riesenchance, da wir hier den direkten Kontakt beidseitig mit der Community/den Kunden haben. Wir verstehen viel besser was der Konsument mit unseren Produkten will und damit macht.
59:20 Eigene Läden in Argentinien in denen direkt verkauft wird. Die Produkte hier sind von Entwicklung, Produktion bis zum Vertrieb in eigener Hand.
57:40 „Das ist einer der großen Vorteile, die wir als Edding haben, wir waren nie auf große Teile der Wertschöpfungskette festgelegt.“
1:01:10 „Wenn man meint einen supertollen Stift konstruiert zu haben. Im Endeffekt muss der Wurm eben dem Fisch schmecken und nicht dem Angler.“
1:03:50 Wie kommt Edding-Nagellack bei einem langjährigen edding-Mitarbeiter an? Wie wurden die Produkte im Unternehmen platziert. Uns wird zugetraut Farbe auf Oberfläche zu bringen.
1:07:00 Rockbands und Orchester. Diejenigen, die jahrelang auf die Perfektion im Orchester ausgestellt waren müssen das aushalten, dass jemand von der Seite mit der E-Gitarre reinkommt. Die räumliche Trennung ist hier wichtig, deshalb sitzt ein Start Up in Chemnitz oder ein Technologieunternehmen in München.
1:05:00 „Ich habe eine eigene edding-Geschichte, Schultisch, FlipChart…“