„Die USA sind ein tief gespaltenes Land, das zwischen Republikanern und Demokraten so tief gespalten ist, dass die kaum mehr miteinander reden können.“
Thomas Jäger
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Thomas Jäger über die gesellschaftliche Spaltung, die Rolle des Präsidenten und die Macht der USA weltweit
Der Politikwissenschaftler Thomas Jäger setzt sich auf vielfältige Weise mit Internationaler Politik und Außenpolitik auseinander. Er ist unter anderem Professor an der Uni Köln, Herausgeber der Zeitschrift für Außen- und Sicherheitspolitik und hat eine Gastkolumne bei Focus Online. In dieser MachtWas!?!-Folge spricht er mit Michael über die internationale Rolle der USA sowie die Machtposition und Medienöffentlichkeit der Präsidenten.
Die wichtigsten Timecodes dieser MachtWas!?!-Folge:
- 00:02:10 Die Rolle des amerikanischen Präsidenten und die Macht der USA
- 00:14:00 Der Kampf gegen Terrorismus
- 00:19:15 Gesellschaftliche Spaltung der Vereinigten Staaten
- 00:33:06: US-amerikanische Präsidenten in der deutschen Medienöffentlichkeit
- 00:45:02: Wie viel Macht hat Donald Trump noch?
- 00:53:00: Auswirkungen von 9/11 bis heute
- 00:59:23: Internationale Rolle der USA
Die USA als mächtigster Staat?
Mit Anbruch des 20. Jahrhunderts begann ein komplexer Prozess, der den enormen Wachstum der US-amerikanischen Ökonomie veranlasste. Seither wächst der Staat stetig: sowohl ökonomisch als auch militärisch und kulturell und erhält dadurch international immer mehr Macht. Auf die Frage, ob der amerikanische Präsident durch diese Rolle gleichzeitig zum mächtigsten Mann der Welt wird, antwortet Jäger. „Der amerikanische Präsident hat viel Potential, was er einsetzen kann, aber die Art und Weise, wie er das einsetzt, da muss er ganz viel Kompromisse eingehen.“ Außerdem will China der USA ihren Platz an der Machtspitze streitig machen. Irgendwann werde das laut Jäger auch gelingen, aber derzeit gebe es noch zu wenige Verbündete und zu viel Skepsis gegenüber der chinesischen Politik.
Unterschiedliche Männer führen das Land
„In den USA ist nichts zu vermitteln. Der Präsident entscheidet und das wird gemacht.“
Prof. Dr. Thomas Jäger
Was dieser Präsident entscheidet und vor allem wie er seine Entscheidungen kommuniziert, unterscheidet sich jedoch stark von Machtinhaber zu Machtinhaber. Politikwissenschaftler Jäger kritisiert, dass die meisten Politiker die Welt schön redeten und kritikunfähig seien. Dagegen wäre Barack Obama als Präsident ein gutes Beispiel gewesen, weil er offen für Ratschläge war und sogar dazu ermutigte, ihm zu widersprechen, wenn man bessere Vorschläge parat hatte.
Die Zerrissenheit der Vereinigten Staaten: Republikaner gegen Demokraten
Die größte Herausforderung der USA sei die gesellschaftliche Spaltung, sagt Jäger im MachtWas!?!-Podcast. Schon vor 20 Jahren hätte sich der Konflikt angedeutet, der sich seitdem immer weiter verstärkt. Der Professor fasst die Stimmung etwa so zusammen: ein Drittel der Bevölkerung hält die Vereinigten Station für die großartigste Nation der Welt, das andere Drittel spricht immer noch von einer Sklavenhaltergesellschaft und die übrigen Wähler liegen irgendwo dazwischen und schwanken mal zur einen, mal zur anderen Seite. Dieser Kulturkrieg beruhe vor allem auf den unterschiedlichen Definitionen des nationalen Selbstverständnisses, erklärt Jäger. Im Podcast führt er außerdem Joe Biden als möglichen Versöhner für diesen Streit auf und erläutert, wie der derzeitige Präsident gegen dieses Problem vorgehen will.
US-amerikanische Präsidenten in der Medienöffentlichkeit
Besonders die ehemaligen Präsidenten George W. Bush und Donald Trump kamen in den deutschen Medien nicht gut weg. Wieso haben sie bei uns so ein schlechtes Ansehen und wieso fällt die Berichterstattung im Vergleich zu deutschen Politikern so negativ aus, fragt sich unser Host Michael. Jäger begründet diese Beobachtung damit, dass sich generell die Auswahl der Machtinhaber in den USA sehr von der in Deutschland unterscheide. Er bezeichnet die Politiker vielmehr als „politische Unternehmer“, bei denen besonders das Geldverdienen und Netzwerken im Fokus stehe.
In den Vereinigten Staat halten zudem „fast 70 Prozent den Kongress für eine korrupte Veranstaltung“, sagt der Politikwissenschaftler. Das Medienbild wird also nicht nur durch die deutsche Wahrnehmung verzerrt, sondern beruht auch auf einer fragwürdigen Auswahl der Machtinhaber, die selbst in den USA eine gespaltene Meinung hervorruft. Dies trifft besonders auf Trump zu. Michael spricht mit Jäger darüber, wie viel Macht der ehemalige Präsident noch hat und wieso das Kapitol beim Sturm auf die Institution nicht ausreichend geschützt worden ist.
Patriotismus und internationale Konflikte
„Was ist Patriotismus? Ist patriotisch derjenige, der in Vietnam mit der Waffe kämpft? Oder ist patriotisch derjenige, der in den USA gegen diesen Krieg protestiert?“
Prof. Dr. Thomas Jäger
Die Ereignisse von 9/11 wirken sich bis heute vor allem auf den Umgang mit Terrorismus und auf die amerikanische Rüstungsindustrie aus. Jäger spricht von einer „Kriegsmüdigkeit“, die derzeit herrscht und dass man hinterfragt, weshalb die Kriege im Irak seitdem geführt worden sind. Deshalb sei nicht erwartbar, dass aktuelle Machtspiele in Bezug auf China oder die amerikanische Rolle beim Russland-Ukraine-Konflikt eskalieren würden, verkündet unser Gast. „Momentan ist sozusagen das Interesse daran, militärisch international einzugreifen wirklich nicht sehr ausgeprägt.“ Abschließend will Michael noch wissen, wie es um das deutsche Image in den Vereinigten Staaten steht. Jäger betont, dass Deutschland stets viel Ansehen in den USA hat und hatte, ausgenommen der Ansichten von George W. Bush und Donald Trump – aber das beruhte dann ja auf Gegenseitigkeit.
Zitate:
00:03:53: „Der amerikanische Präsident hat viel Potential, was er einsetzen kann, aber die Art und Weise, wie er das einsetzt, da muss er ganz viel Kompromisse eingehen.“
00:17:07: „Das amerikanische System ist auf diese eine Person zugeschnitten und ein Minister, der eine andere Ansicht hat als der Präsident, der geht.“
00:17:44: „In den USA ist nichts zu vermitteln. Der Präsident entscheidet und das wird gemacht.“
00:19:15: „Die USA sind ein tief gespaltenes Land, das zwischen Republikanern und Demokraten so tief gespalten ist, dass die kaum mehr miteinander reden können.“
00:20:13: „In den USA gibt es ein Drittel der Bevölkerung, die Amerika für die großartigste Nation der Welt hält.“
00:35:20: „In den USA sind die Politiker eigentlich Unternehmer. Politische Unternehmer.“
00:37:18: „In Amerika ist Politik ein hartes Geschäft.“
00:38:59: „Das war ja auch unter Barack Obama das große Programm: Nicht ein blaues und rotes Amerika, sondern nur ein Amerika.“
00:40:52: „In den USA halten fast 70 Prozent den Kongress für eine korrupte Veranstaltung.“
00:41:41: „Es gibt in den USA eigentlich nur eine staatliche Institution, die hohe Zustimmungswerte hat. Das ist das Militär.“
00:42:33: „Das Ansehen der Institutionen in Deutschland ist viel höher.“
00:56:44: „Es ist prinzipiell so, dass es eine große Kriegsmüdigkeit – wie man das nennt – in den USA gibt. Dass man nicht weiß, warum sind diese Kriege geführt worden.“
00:57:16: „Was ist Patriotismus? Ist patriotisch derjenige, der in Vietnam mit der Waffe kämpft? Oder ist patriotisch derjenige, der in den USA gegen diesen Krieg protestiert?“
01:00:33: „Die Frage ist, ob die USA weiterhin oder China demnächst international Regeln setzt. Und da sagen die Amerikaner: Lieber wir.“
01:02:02: „Momentan ist sozusagen das Interesse daran, militärisch international einzugreifen wirklich nicht sehr ausgeprägt.“
01:04:39 „Großbritannien ist in der Folge des Brexit sicher näher an die USA gerückt.“
01:06:15: „Da darf man sich der Illusion nicht hingeben, dass Regierungen sozusagen immer völlig offen und transparent kommunizieren. Das tun sie nicht, das tut keine, weil es schützenswertes Wissen gibt.“
01:08:50: „Deutschland hat insgesamt stets ein positives Image in den Vereinigten Staaten.“