„Kritisch wird es mit der Volksrepublik China immer nur dann, wenn Fragen nationaler Souveränität im Raum stehen.“
Prof. Eberhard Sandschneider
Höre den MachtWas!?! Podcast auf Apple Podcast, Spotify, Google Podcasts, Pocket Casts oder Deezer.
China Experte Prof. Eberhard Sandschneider über Kriegsgefahr in Taiwan, Chinas Beziehungen zu den Taliban und ihre Corona-Politik
In dieser Folge des MachtWas!?!-Podcasts spricht China Experte Prof. Eberhard Sandschneider, pensionierter Professor für Politik Chinas und Internationale Beziehungen, über die politischen Veränderungen im letzten Jahr. Welche Interessen verfolgt China im Konflikt mit Taiwan und mit der Unterstützung für die Taliban? Außerdem wird die Corona-Politik analysiert und einen kurzen Blick auf die Rolle des chinesischen Staates in der Klimakrise geworfen.
Die wichtigsten Timecodes dieser MachtWas!?!-Folge:
- 00:02:26: China-Taiwan-Konflikt: Droht eine Eskalation?
- 00:17:56: Corona-Politik in China: Radikale Maßnahmen und ein Vergleich mit Deutschland
- 00:26:36: Corona-Impfstoffe – Internationale Beziehungen und der Kampf um Einfluss
- 00:35:04: Veränderungen im politischen System Chinas
- 00:52:05: Chinas Interesse an den stabilen Strukturen der Taliban
- 01:01:28: Die Rolle des chinesischen Staates im Klimaschutz
Machtdemonstrationen zwischen China und Taiwan
Seit 1949 bestehe das Kräftemessen zwischen China und Taiwan, sagt der Ostasien-Experte Prof. Sandschneider. Er bezeichnet ihn als festgefrorenen Konflikt, der im Grundkern darin besteht, dass die Volksrepublik China Anspruch auf die Souveränität Gesamtchinas – einschließlich Taiwans – erhebt. Laut Sandschneider besitzt der Inselstaat formal alles, was ein Staat benötigt und hat sich besonders seit den 1960er Jahren mithilfe der Vereinigten Staaten zu einem modernen Industriestaat entwickelt. Doch diese Anerkennung fehle seitens China und anderer Staaten. Eine Eskalation des Streits ist nicht unbedingt erwartbar, aber sollte auch nicht unterschätzt werden.
„Der Konflikt in der Taiwanstraße kann durchaus virulent werden, vor allem wenn sich externe Kräfte einmischen – insbesondere die Vereinigten Staaten.“
Prof. Eberhard Sandschneider
Politische Maßnahmen in der Covid-19-Pandemie
Wie hat sich die Lage in China bezüglich des Coronavirus entwickelt und wie unterscheiden sich die Maßnahmen in demokratischen und kommunistischen Ländern? China Experte Prof. Sandschneider äußert sich dahingehend deutlich. „Demokratien vertrauen ihren Bürgerinnen und Bürgern, dass sie vernünftig sind, das Richtige tun, sich überzeugen lassen, rational agieren. Das gibt es in China nicht. China ist ein kommunistisches System und dort gilt das Prinzip der Kontrolle.“ Im Podcast äußert der Experte auch seine Einschätzung dazu, wie die chinesische Bevölkerung mit den drastischen Einschränkungen umgeht und zieht Vergleiche zu Deutschland.
Sicherung von Stabilität und nationaler Souveränität
Das Gespräch mit Prof. Sandschneider dreht sich immer wieder um die obersten Ziele der Volksrepublik: Erhalt der Souveränität Chinas und innere Stabilität der Kommunistischen Partei (KPCh). Der Experte betont, dass es seit 1949 – ab Machtbeginn der allein herrschenden KPCh – zwar liberalere Phasen gegeben hat, aber sich das politische System ansonsten bis heute nicht veränderte. Die Formen der Kontrolle würden sich lediglich an den Fortschritt der Technik anpassen. Zusätzlich erläutert der China Experte, wie es sich um die Vorgänger und die Nachfolger der Spitzenpolitiker verhält und welche Rolle die lebenslange Machtausübung in China spielt.
Chinesische Interessen in Bezug auf Afghanistan
„China arbeitet mit jedem politischen System – auch mit problematischen Systemen, auch mit Diktaturen zum Teil – zusammen, wenn es chinesischen Interessen dient. Und eines der wichtigsten Interessen heißt natürlich Ressourcen.“
Prof. Eberhard Sandschneider
Die Zusammenarbeit Chinas mit den Taliban lässt sich laut Prof. Sandschneider mit dem Interesse an den Kupferminen im Nordosten Afghanistans begründen. Die Volksrepublik bemüht sich um einen Anspruch auf den Rohstoff und will sich besonders im globalen Machtkampf gegen die USA durchsetzen. Außerdem soll die Kooperation mit der Terrorgruppe als Abwehrmechanismus dienen, der terroristische Aktivitäten im eigenen Land verhindern soll. Im Interview erklärt unser Gast, weshalb er dieses Verhalten als kontraproduktiv erachtet.
Chinas Rolle in der Klimakrise
Abschließend fällt im Podcast der Begriff des Klimaschutzes. Das ist eine große Herausforderung in der Politik Chinas, denn in dieser Thematik kommen unterschiedliche Interessen zusammen, die sich konträr zueinander verhalten: der Bekämpfung der Klimakrise steht die Fortsetzung von wirtschaftlichem Wachstum gegenüber. Fragt man China Experte Sandschneider, welche Rolle der Global Player weltweit in der Klimakrise spielt, findet er klare Worte:
„Wir brauchen die Kooperationsbereitschaft Chinas, wenn wir in der Lage sein wollen auch nur annähernd die klimapolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte zu meistern.“
Prof. Eberhard Sandschneider
Zitate:
00:03:11 „Der Konflikt in der Taiwanstraße kann durchaus virulent werden, vor allem wenn sich externe Kräfte einmischen – insbesondere die Vereinigten Staaten.“
00:10:47 „Staaten lieben nicht, Staaten haben Interessen.“
00:11:21 „Kritisch wird es mit der Volksrepublik China immer nur dann, wenn Fragen nationaler Souveränität im Raum stehen.“
00:19:25 „In China gilt eine radikale Zero-Covid-Politik, das heißt über all dort, wo dieses Virus auftaucht, wird versucht es sofort dadurch auszumerzen, dass radikal geschlossen wird.“
00:21:38 „Das wäre glaube ich für die Menschen von entscheidender Bedeutung zu wissen, dass es punktuell, zeitlich befristete Maßnahmen sind, die nicht die Abschärfung der Demokratie in Deutschland bedeuten.“
00:22:12 „Demokratien vertrauen ihren Bürgerinnen und Bürgern, dass sie vernünftig sind, das Richtige tun, sich überzeugen lassen, rational agieren. Das gibt es in China nicht. China ist ein kommunistisches System und dort gilt das Prinzip der Kontrolle.“
00:28:19 „Es ist in der Pandemie schon sehr auffällig, wie schnell Nationalstaaten auf nationalistische Strategien zurückfallen.“
00:31:56 „Alle Staaten versuchen auf ihre Nachbarstaaten und Partnerstaaten in irgendeiner Weise Einfluss auszuüben und ihre ökonomischen Möglichkeiten einzusetzen, um diesen Einfluss abzusichern.“
00:41:24 „Die Institutionalisierung von Macht durch die Begrenzung von Amtszeiten war eine Revolution für die damalige kommunistische Partei.“
00:53:42 „China arbeitet mit jedem politischen System – auch mit problematischen Systemen, auch mit Diktaturen zum Teil – zusammen, wenn es chinesischen Interessen dient. Und eines der wichtigsten Interessen heißt natürlich Ressourcen.“
01:05:19 „Wir brauchen die Kooperationsbereitschaft Chinas, wenn wir in der Lage sein wollen auch nur annähernd die klimapolitischen Herausforderungen der nächsten Jahre und Jahrzehnte zu meistern.“