„Das Thema AfD ist erst mal ein Problem der alten Bundesländer. Diese Partei ist nicht in Ostdeutschland gegründet worden.“
Dr. Reiner Haseloff
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Dr. Reiner Haseloff über Errungenschaften und Herausforderungen, fehlendes Vertrauen in die Politik, sowie die Rolle von Sachsen-Anhalt
Der CDU-Politiker Dr. Reiner Haseloff ist zu Gast im MachtWas!?! Podcast. Er ist promovierter Physiker und seit 2011 Ministerpräsident des Landes Sachsen-Anhalt. In dieser Folge gibt es einen privaten Einblick in das Leben Haseloffs, es geht um die Beziehung zu seiner Heimat und natürlich um die Politik in Ostdeutschland. Welche Errungenschaften, welche Unsicherheiten und welche Herausforderungen gibt es?
Die wichtigsten Timecodes dieser MachtWas!?!-Folge:
- 00:01:44: Vorstellung des Ministerpräsidenten Dr. Reiner Haseloff
- 00:15:01: Gesellschaftspolitische Situation in Sachsen-Anhalt
- 00:23:33: Herausforderungen der ostdeutschen Bundesländer
- 00:31:23: Sympathien im Bundestagswahlkampf
- 00:37:02: Verunsicherungen gegenüber der Politik
- 00:49:30: Die Rolle der Ministerpräsidenten
Sachsen-Anhalt im Wandel
Reiner Haseloff bezeichnet Sachsen-Anhalt als die „Wiege der Deutschen Nation“. Er bedauere, dass das Geschichtsbewusstsein in Deutschland durch eine westdeutsche Brille projiziert werde. Es werde vergessen, wo das Land seine Wurzeln hat. Denn das heutige Deutschland ist aus Sachsen-Anhalt hervorgegangen und war zudem ein hoch-industrielles Gebiet. Der Osten hat sowohl vor dem Mauerbau als auch nach dem Mauerfall viele Menschen verloren, weil sie geflohen sind oder das Land wegen Arbeitslosigkeit verlassen haben. Zusammen mit der sinkenden Geburtenrate ergibt sich dadurch ein großes Problem, das sich besonders im Arbeitskräftemangel zeigt. Vom demographischen Wandel sei jedoch die ganze EU betroffen, sagt Haseloff, und plädiert darauf, zukünftig verstärkt an den Universitäts-, Ausbildungs- und Wirtschaftsstrukturen zu arbeiten.
Herausforderungen mit der AfD
Dem Ministerpräsidenten Reiner Haseloff ist eine „ganz klare Politik in Richtung AfD“ besonders wichtig. Da gebe es in keinster Weise eine Kooperation oder Verbundenheit, was er auch seit Aufkommen der Partei klar kommuniziert habe. Das scheint auch mitverantwortlich für das Vertrauen zu sein, das Haseloff größtenteils in der Bevölkerung genießt. Die Macht der AfD, die bis in den Bundestag reicht, macht den CDU-Politiker fassungslos – die alleinige Verantwortung hierfür weist er aber vom Osten ab: „Das Thema AfD ist erst mal ein Problem der alten Bundesländer. Diese Partei ist nicht in Ostdeutschland gegründet worden.“ Die Wurzeln der Partei liegen im Westen, weshalb Haseloff einen ganzheitlichen Blick auf Deutschland fordert und kritisiert, dass der Osten zu sehr als Problemzone gesehen wird.
Unterstützung für Söder im Bundestagswahlkampf
„Es sind Fehler gemacht worden im Wahlkampf, die sind irreversibel und entscheidend.“
Dr. Reiner Haseloff
Im Bundestagswahlkampf sprach Reiner Haseloff seine Unterstützung für den Kanzlerkandidaten Markus Söder aus. Auf Michael wirkte es so, als wäre diese Entscheidung vielmehr von der Person selbst abhängig gewesen als von den politischen Inhalten. Haseloff findet diese Aussage jedoch missinterpretiert. Die Inhalte seien für ihn stets klar gewesen und gehen daher mit dem jeweiligen Politiker einher, aber natürliche hänge die Wahl auch von dem Führungspotential der Kandidaten ab. „[Armin Laschet] wäre auch kein schlechter Kanzler geworden, das Problem ist nur, nicht jeder kennt ihn so wie ich“, sagt der Ministerpräsident von Sachsen-Anhalt. Essentiell ist also auch, wem die Bevölkerung diese Position zutraut. Haseloffs Meinung zu Olaf Scholz und welche Fehler im Wahlkampf gemacht worden sind, hört ihr im Podcast.
Verunsicherung aufgrund der Corona-Politik
„Ein politischer Fehler ist aber gemacht worden. Wir haben eine pandemische Situation in Deutschland. Wenn dann die aktuelle Bundesregierung als erstes, was sie macht, die pandemische Lage nationaler Bedeutung für Deutschland aussetzt und beendet, dann führt das nicht gerade zu einem Vertrauensschub.“
Dr. Reiner Haseloff
Laut Haseloff befinden wir uns aufgrund der Pandemie in einer äußerst schwierigen Phase, der Politik wird deshalb mit Skepsis begegnet. Eine irreversible Spaltung in der Bevölkerung, beispielsweise durch die geteilte Meinung zum Impfthema, sehe er aber noch nicht. Eine solche Krise sollte jedoch auch nicht unterschätzt werden, betont der Ministerpräsident. Die Lern- und Erkenntnisprozesse benötigten jedoch ihre Zeit und es sei ungewiss, wie sich die Situation weiterentwickle. Seiner Meinung nach muss die Regierung Verantwortlichkeiten klar zuteilen und die Pandemie als existentielles Thema anerkennen. Abschließend erläutert Haseloff noch die Rolle der Ministerpräsidenten in Deutschland und äußert klar seine Motivation, die ihn als Politiker antreibt: tiefe politische Überzeugung und die Liebe zu seiner Heimat Sachsen-Anhalt.
Zitate:
00:06:00: „Mit Naturwissenschaft habe ich mich sowieso stark beschäftigt, weil das sozusagen ja ein ständiger Konflikt war: sind wir als Christen und Nichtatheisten mehr oder weniger mit einer materialistischen Weltanschauung konfrontiert überhaupt in der Lage die Realität richtig zu erfassen?“
00:20:04: „In dem Bereich des heutigen Mitteldeutschlands […] ist bis 1945 mehr Bruttoinlandsprodukt erzeugt worden als im Ruhrgebiet.“
00:21:02: „Die Hälfte des Wasserstoffes, der in Deutschland erzeugt wird, wird in Sachsen-Anhalt erzeugt.“
00:21:09: „Wir sind eines der Länder, die schon den höchsten Selbstversorgungsgrad mit erneuerbaren Energien haben.“
00:21:47: „Unsere Herausforderung im Osten besteht darin, dass wir seit 1990 nur noch die Hälfte der Geburten haben, wie das bis 1990 der Fall war.“
00:25:17: „Das Thema AfD ist erst mal ein Problem der alten Bundesländer. Diese Partei ist nicht in Ostdeutschland gegründet worden.“
00:35:32: „Es sind Fehler gemacht worden im Wahlkampf, die sind irreversibel und entscheidend.“
00:35:59: „[Armin Laschet] wäre auch kein schlechter Kanzler geworden, das Problem ist nur, nicht jeder kennt ihn so wie ich.“
00:37:51: „Wir sind in einer sehr sehr schwierigen Phase und Zeit, vieles ist auch in Bewegung, auch in Erkenntnisprozessen.“
00:38:18: „Keiner hat den Stein der Weisen und kann in eine Glaskugel gucken, wie sich sowohl pandemisch die Situation weiterentwickelt, wie die Menschen auch mitmachen und wie es sich auch politisch auswirkt.“
00:38:28: „Ich sehe es auch so, dass es noch keine irreversible Spaltung gibt.“
00:42:20: „Ein politischer Fehler ist aber gemacht worden. Wir haben eine pandemische Situation in Deutschland. Wenn dann die aktuelle Bundesregierung als erstes, was sie macht, die pandemische Lage nationaler Bedeutung für Deutschland aussetzt und beendet, dann führt das nicht gerade zu einem Vertrauensschub.“
00:48:41: „Die Pandemie ist ein existentielles Thema für unsere Gesellschaft. Für Europa auch und auch für die nächsten vielen vielen Jahre, die wir möglicherweise in einzelnen Schüben immer wieder mit Mutanten konfrontiert werden.“
00:49:05: „Wenn [die Regierung] dieses existentielle Thema nicht hinkriegt, dann stellt sie sich selber zur Disposition.“
00:53:49: „Das, was ich jeden Tag mache, das mache ich aus tiefster Überzeugung und nicht weil ich noch irgendwelche Karriereschritte oder irgendwelche großen Planungen in meinem Leben vorhabe.“