„Viel schlimmer für mich war weniger die Kriegszeit, sondern auf sich alleine gestellt zu sein in einer komplett fremden Welt.“
Amir Kassaei
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Amir Kassaei über seinen Weg vom Kindersoldaten im Iran bis in die obersten Etagen der internationalen Werbekonzerne
Der Kreative und Unternehmer Amir Kassaei ist in der aktuellen Folge des MachtWas!?!-Podcasts zu Gast. Seine Kindheit im Iran ist quasi von der Revolution beendet worden. Amir Kassaei ist nach Österreich geflohen und hat ein neues Leben angefangen. Nach dem Studium in Paris hat der momentane Wahl-Barceloner vor allem in Deutschland, den USA und Spanien gearbeitet.
Amir Kassaei redet nicht lange um den heißen Brei herum und spricht mit Michael im Podcast über Migration, Bring- und Holschuld, die Serie Mad Men, den Golf GTI, die Charaktereigenschaften von Werberinnen und Werbern und darüber, was Werbung mit Verantwortung und gezielter Manipulation zu tun hat.
Von der iranisch-irakischen Front in die Alpenrepublik
Im Podcast erzählt Amir Kassaei, wie er von den Mullahs als Kindersoldat an die Front geschickt wurde und mit 13 Jahren über Minenfelder lief. Auch wenn Vergleiche an dieser Stelle schwierig seien, war diese Zeit und die Flucht aus dem Krieg nicht so schwer, wie das Fuß fassen in der neuen Welt. „Millionär ist auch nicht das Ziel gewesen, das Ziel war zu überleben.“
Außerdem geht es darum, wie die liberale und westliche Erziehung seiner Eltern in Teheran einen kleinen Teil dazu beigetragen hat in Österreich schneller anzukommen als andere Geflüchtete.
Sind Migration und Flucht freie Entscheidungen?
„Wenn du Einwanderer bist, bist du am Anfang gefühlt Mensch zweiter Klasse, weil du gehörst nicht dazu.“
Amir Kassaei
Bis zu einem gewissen Grad seien sie das, findet Amir Kassaei. Er habe nie verstanden, warum manche Menschen mit Migrationshintergrund Schwierigkeiten hätten, sich anzupassen und sogar verzweifelt versuchen würden, die Identität aus ihren Ursprungsländern zu erhalten. Was Amir Kassaei damit meint, wenn er behauptet, dass Migrantinnen und Flüchtlinge eine Bringschuld haben, hört ihr im Podcast.
Im Podcast lobt Amir Kassaei Angela Merkels Umgang und Ton mit der „Flüchtlingskrise“, kritisiert aber ihren meistzitierten Ausspruch: „Das ist es was ich meine, was Merkel damals versäumt hat. Diesen Nachsatz zu bringen, wo sie gesagt hat: ‚Wir schaffen das!‘ aber sie hat leider damals vergessen zu sagen: ‚Ja, aber wir haben Bedingungen.'“
Michael möchte wissen, ob Amir Kassaei sich selbst als ein positives Beispiel für Migration sieht. Warum dieser sich gar nicht auf eine Identität festlegen möchte und sich als „Mischmasch“ bezeichnet, erfahrt ihr im Podcast.
Wie man zu einer Legende in der Werbeindustrie wird
„Eigentlich interessiert sich niemand für Werbung, die Leute interessieren sich für das, was sie spannend und nützlich finden.“
Amir Kassaei
Durch Zufall. Dazu müssten allerdings auch noch Durchhaltevermögen, Leidenschaft und Glück kommen, während Kreativität und Talent allein nie entscheidend seien.
Im Podcast spricht Amir Kassaei darüber, wie aus einer Mischung von Wissenschaft und Kunst Marketing wird. Außerdem geht es darum, wie man Werbung eigentlich definiert. Für Amir Kassaei fängt das Marketing direkt mit dem Produkt selbst an. „Je lauter und erfolgreicher du im Marketing bist, desto besser sind deine Chancen auf dem Markt auch erfolgreich zu sein. Aber nur wenn dein Produkt und deine Dienstleistung eine gewisse Qualität mitbringen, die wettbewerbsfähig ist.“
Wer mit Werbung nur aufdringliche bis lästige visuelle und auditive Beschallung verbindet, lernt im Podcast, dass das nicht sein müsse. „Gute Werbung nervt nicht. Die ist intelligent, die versucht einen Produktvorteil so menschlich, so wahrhaft und kreativ wie möglich zu inszenieren.“
Wie kann man auf moralische Weise falsche Realitäten vermarkten?
„Wir haben auch eine Verantwortung, wie wir bestimmte Schönheitsideale propagieren, wie wir bestimmte Sehnsüchte bei Leuten entwickeln, bestimmte Welten aufzeigen, die teilweise nur bedingt mit der Realität zu tun haben.“
Amir Kassaei
Amir Kassaei blickt allerdings auch kritisch auf die Industrie und erklärt im Podcast, worin er die Aufgabe von Werberinnen und Werbern sieht. So könne man mit bestimmten Anzeigen und Werbespots (un-)beabsichtigt auch diskriminieren. Amir Kassaei erklärt, wie man dieser Verantwortung gerecht wird, macht aber auch klar, dass es den meisten Menschen in der Branche am Ende des Tages um das Geld geht und eigene Werte hintenanstehen.
„Werbung ist ein Zirkus. Du bist umgeben von Wahnsinnigen, von unfassbar talentierten Menschen, unglaublichen Charakteren, die unter Zeitdruck unglaubliche Dinge leisten.“
Amir Kassaei
Michael und Amir Kassaei sprechen auch über die historische Entwicklung der Werbebranche. Wo kommt beispielsweise die Aufteilung in die Lager „Media“ und „Kreative“ her? Amir Kassaei verdeutlicht auch, dass Algorithmen die Zukunft der Werbung bestimmen werden. „Das ist auch einer der Gründe, warum ich vor fast neun Monaten mit der ganzen Werbeindustrie gebrochen und mich verabschiedet habe.“
Was dieser Rücktritt auch mit Verantwortung zu tun hat und warum Amir Kassaei doch immer mal wieder über die Werbebranche schwärmt, hört ihr im Podcast.
Zitate:
00:05:14 „Ich sage meine Meinung geradeheraus, ohne Angst vor Verlusten oder Konsequenzen.“
00:06:20 „Millionär ist auch nicht das Ziel gewesen, das Ziel war zu überleben.“
00:09:00 „Viel schlimmer für mich war weniger die Kriegszeit, sondern auf sich alleine gestellt zu sein in einer komplett fremden Welt.“
00:17:43 „Das ist es was ich meine, was Merkel damals versäumt hat. Diesen Nachsatz zu bringen, wo sie gesagt hat: ‚Wir schaffen das.‘, aber sie hat leider damals vergessen zu sagen: ‚Ja, aber wir haben Bedingungen.'“
00:21:15 „Wenn du Einwanderer bist, bist du am Anfang gefühlt Mensch zweiter Klasse, weil du gehörst nicht dazu.“
00:26:20 „Ich habe das auch nie als Job gesehen, sondern als Leidenschaft.“
00:27:40 „Eigentlich interessiert sich niemand für Werbung, die Leute interessieren sich für das, was sie spannend und nützlich finden.“
00:33:25 „Ich glaube gute Werbung nervt nicht, die ist intelligent, die versucht einen Produktvorteil so menschlich, so wahrhaft und kreativ wie möglich zu inszenieren.“
00:43:54 „Wir haben auch eine Verantwortung, wie wir bestimmte Schönheitsideale propagieren, wie wir bestimmte Sehnsüchte bei Leuten entwickeln, bestimmte Welten aufzeigen, die teilweise nur bedingt mit der Realität zu tun haben.
„00:47:40 „Je lauter und erfolgreicher du im Marketing bist, desto besser sind deine Chancen auf dem Markt auch erfolgreich zu sein. Aber nur wenn dein Produkt und deine Dienstleistung eine gewisse Qualität mitbringt, die wettbewerbsfähig ist.“
00:54:53 „Das ist auch einer der Gründe, warum ich vor fast neun Monaten mit der ganzen Werbeindustrie gebrochen und mich verabschiedet habe.“
01:01:15 „Werbung ist ein Zirkus. Du bist umgeben von wahnsinnigen, von unfassbar talentierten Menschen, unglaublichen Charakteren, die unter Zeitdruck unglaubliche Dinge leisten.“