„Wir sind nicht die Generation Anti-Wohlstand.“
Quang Paasch
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Quang Paasch über Klimaschutz, Sozialpolitik und seine Erfahrungen als Aktivist
In dieser Folge des MachtWas!?!-Podcasts ist Quang Paasch zu Gast, Pressesprecher von FridaysForFuture-Deutschland und FridaysForFuture-Berlin.
„Klima war weder in der Schule ein Thema noch im Internet. Für uns waren das immer die Ökos.“
Quang Paasch
Der 19-jährige Berliner spricht im Podcast darüber, wie er vom Interesse an sozialer Gerechtigkeit und wegen eine Rede von Greta Thunberg zu seiner ersten Klimademo kam. Außerdem geht es um die Struktur von FridaysForFuture und die Konflikte zwischen Boomern und Millenials. Er ist verwundert, dass auch Lehrkräfte mit ihren Klassen an den Demonstrationen teilnehmen und schildert die Anbiederungsversuche von Parteien und Politikerinnen.
Weiße Wohlstandskinder sind nicht das Alleinstellungsmerkmal von FridaysForFuture
FridaysForFuture ist kein Verein, keine NGO, kein Unternehmen und keine Partei. Dann muss es wohl eine sogenannte „Graswurzelbewegung“ sein, deren Teile unabhängig voneinander entstehen und handeln aber auch zueinanderfinden. Die über 600 Ortsgruppen bauen sich innerhalb der Länder- und Bundesebene föderal auf. Im Podcast erklärt Quang Paasch, wo genau sich FridaysForFuture zwischen den Grünen, Greenpeace oder der Naturschutzorganisation BUND sieht.
„Ich breche aus diesen Stigmata aus. Meine Eltern sind aus Vietnam, ich bin Arbeiterkind.“
Quang Paasch
Als Schüler hat sich der jetzige Student vor allem für soziale Gerechtigkeit interessiert und kam anschließend ganz unabhängig von diesem Thema zur Klimapolitik: „Wir sollten diese Themen gar nicht trennen. Klima ist letztendlich das, was uns alle bewegt, aber das hat ja Einfluss auf jeden Bereich unserer Gesellschaft. […] Wir sollten Klimaschutz für alle betreiben, egal mit welchem sozialen Background.“
Der Drahtseilakt zwischen Nähe und Distanz zum politischen Betrieb
Keine der Parteien im Bundestag würde das Notwendige tun, um das 1,5-Grad-Ziel des Pariser Klimaabkommens einzuhalten. Auch die Grünen hätten kein Programm, das die Herausforderungen der Klimakrise bewältigen könnte. Quang Paasch fühlt sich von den Grünen nicht nur im Stich gelassen, sondern ist auch wütend auf deren Parteiführung: „Wenn ein Robert Habeck mich als seinen Kollegen bezeichnet, obwohl ich weder in der Grünen Partei bin, noch sichergehen kann, dass er Paris einhalten möchte und dann aber auch gleichzeitig sehe, dass die Grünen mit Hinblick auf die Bundestagswahl immer weniger radikal ehrlich werden, sondern immer mehr einen Kuschelkurs mit der Union eingehen.“
„Dass wir weiterhin parteineutral bleiben und jetzt nicht die Grünen, die SPD oder die Linken unterstützen werden.“
Quang Paasch
Deshalb glaube Quang Paasch auch nicht, dass man zur Bundestagswahl 2021 eine Wahlempfehlung für eine bestimmte Partei aussprechen werde. Dass für seine Altersgruppe ohnehin eine politische Veränderung stattfinden wird, sei schonmal gesetzt: „Ich bin auch die Generation, die nichts anderes kennt als Merkel. Ich bin die Generation, die nichts anderes kennt als eine unionsgeführte Regierung.“
Im Podcast spricht Quang Paasch außerdem darüber, dass man an der Corona-Pandemie sehen könnte, dass es möglich sei Empfehlungen der Wissenschaft mit Realpolitik zu vereinbaren.
Über Abneigung und Anbiederung von Politikerinnen und Politikern
Michael möchte wissen, woher die spezielle Abneigung gegenüber der CDU kommt, wenn die Bewegung doch parteineutral ist. Im Podcast verrät Quang Paasch, was diese persönlichen Gefühle gegenüber der Union auch mit einem Besuch beim Umweltausschuss und einem schlafenden CDU-Politiker zu tun haben.
„Er saß genau gegenüber mir und er hat geschlafen und die Fraktionskollegin von ihm saß neben ihm und hat gedacht: ‚Och, ich las den weiterschlafen.'“
Quang Paasch
Es geht außerdem darum, wie absurd es sich anfühlen kann, mit 19 Jahren Politikerinnen zu treffen, die weitreichende Entscheidungen mitbestimmen. Quang Paasch erzählt, dass er die letzten zwei Jahre immer noch verarbeiten müsse aber sich auch frage, ob das eigentlich wirklich so absurd sei, wenn Politiker auf junge Menschen zugehen.
Als Pressesprecher für die gesamte Bewegung sei es für ihn besonders wichtig sich nicht vereinnahmen zu lassen, wenn permanent Einladungen und Angebote aus allen Ecken von Politik und Wirtschaft kommen: „Aus jeder Fraktion kam schon sowas wie: ‚Ja, schön dass du auf der Straße bist aber komm mal zu mir ins Büro, dann kannst du mal ein Praktikum machen und siehst, was ich den ganzen Tag so mache.'“
Wie man trotz Spenden versucht unbeeinflusst zu bleiben: “Nehmen ohne Geben“
Die einzelnen Ortsgruppen von FridaysForFuture agieren unabhängig und können auch eigene Forderungen stellen. Trotzdem müssen die Ortsgruppen auch miteinander koordiniert werden. Quang Paasch erklärt im Podcast, wie das funktioniert. Die Finanzierung von Aktionen muß beantragt werden. Dieses Budget kommt ausschließlich von Spendern.
„Die Klimabewegung ist nicht FridaysForFuture, sondern FridaysForFuture ist Teil der Klimabewegung.“
Quang Paasch
Wie man es schafft, sich nicht abhängig und beeinflussbar zu machen, verrät Quang im Podcast. Dieses „Nehmen ohne Geben“ sorge überraschenderweise nicht für Neid oder Unmut bei den NGO´s. Man habe bei FridaysForFuture sogar den Eindruck, dass die etablierteren Organisationen froh darüber seien. Klimawandel ist als Thema in der Gesamtgesellschaft endlich angekommen.
Quang Paasch über Marionetten des Establishments und andere Verschwörungsmythen
Quang Paasch könne sich gar nicht erklären, woran Verschwörungstheoretikerinnen Vorwürfe festmachen, dass die Bewegung von Greenpeace oder irgendwelchen Parteien gelenkt sei. So seien die Mitglieder und Entscheiderinnen von FridaysForFuture immer noch so jung, dass die meisten nicht einmal wahlberechtigt sind.
Wenn eine FridaysForFuture-Demo stattfindet, wird der Großteil der Arbeit von sehr jungen Menschen übernommen. Wenn 14-jährige um 4 Uhr morgens aufstehen, um die Demo in Berlin vorzubereiten, Newsletter schreiben, Bühnen aufbauen und Abstandsmarkierungen auf die Straße malen, lenke da kein „Erwachsener“.
„Ich wünschte mir fast, dass da eine erwachsene Person kommt und uns aushilft, aber das habe ich noch nicht gesehen. Da brennen teilweise junge Menschen in so jungen Jahren aus und das ist halt nicht mehr normal.“
Quang Paasch
Zum Schluss geht es um die beruflichen Werdegänge, die die führenden Köpfe bei FridaysForFuture einschlagen. Quang Paasch spricht darüber, dass manche eben doch die besprochenen Praktika-Angebote annehmen und auch persönliches Kapital aus ihrem Engagement schlagen. Unter welchen Bedingungen Quang Paasch das nicht verwerflich findet, hört ihr im Podcast.
Er selbst studiert Politikwissenschaft und Sonderpädagogik und könnte sich gut vorstellen, als Lehrer zu arbeiten. Quang Paasch bleibt aber für eine Karriere in der Politik offen. „Ich kann mich genauso auch sehen, da bin ich auch ehrlich und transparent, dass ich in die Politik gehe.“
Zitate:
00:05:40 „Ich breche aus diesen Stigmata aus. Meine Eltern sind aus Vietnam, ich bin Arbeiterkind.“
00:06:30 „Klima war weder in der Schule ein Thema noch im Internet. Für uns waren das immer die Ökos.“
00:09:30 „Wir sollten diese Themen gar nicht trennen. Klima ist letztendlich das, was uns alle bewegt, aber das hat ja Einfluss auf jeden Bereich unserer Gesellschaft. […] Wir sollten Klimaschutz für alle betreiben, egal mit welchem sozialen Background.“
00:15:00 „Wir verstehen uns auch als Sprachroher der Wissenschaft, die lange ignoriert wurde.“
00:17:20 „Wenn ein Robert Habeck mich als seinen Kollegen bezeichnet, obwohl ich weder in der Grünen Partei bin, noch sichergehen kann, dass er Paris einhalten möchte und dann aber auch gleichzeitig sehe, dass die Grünen mit Hinblick auf die Bundestagswahl immer weniger radikal ehrlich werden, sondern immer mehr einen Kuschelkurs mit der Union gerade eingehen.“
00:22:43 „Vor FridaysForFuture war der gesellschaftliche Konsens eher, dass meine Generation unpolitisch ist.“
00:29:40 „Und wenn wir in die Wirtschaftsränge ganz oben schauen, da sind es auch nicht junge Start-Up-Unternehmer, sondern vor allem ältere Herren.“
00:30:55 „Wir sind nicht die Generation Anti-Wohlstand.“
00:37:00 „Dass wir weiterhin parteineutral bleiben und jetzt nicht die Grünen, die SPD oder die Linken unterstützen werden.“
00:38:50 „Ich bin auch die Generation, die nichts anderes kennt als Merkel. Ich bin die Generation, die nichts anderes kennt als eine unionsgeführte Regierung.“
00:40:00 „Er saß genau gegenüber mir und er hat geschlafen und die Fraktionskollegin von ihm saß neben ihm und hat gedacht: ‚Och, ich las den weiterschlafen.'“
00:44:04 „Aus jeder Fraktion kam schon sowas wie: ‚Ja, schön dass du auf der Straße bist aber komm mal zu mir ins Büro, dann kannst du mal ein Praktikum machen und siehst, was ich den ganzen Tag so mache.'“
00:51:50 „So einen richtigen FFF-Stempel, wo dann unsere Adresse draufsteht. Das gibt’s bis heute nicht.“
00:57:05 „Die Klimabewegung ist nicht FridaysForFuture, sondern FridaysForFuture ist Teil der Klimabewegung.“
01:00:10 „Ich wünschte mir fast, dass da eine erwachsene Person kommt und uns aushilft, aber das habe ich noch nicht gesehen. Da brennen teilweise junge Menschen in so jungen Jahren aus und das ist halt nicht mehr normal.“
01:07:25 „Ich kann mich genauso auch sehen, da bin ich auch ehrlich und transparent, dass ich in die Politik gehe.“