„Ich bin da nicht hingefahren, weil ich von Haus aus gerne friere oder Masochist bin. Mich hat’s fasziniert.“
Arved Fuchs
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Arved Fuchs über Expeditionen in die Arktis, Klimawandel und seine persönliche Mission
Der Aktivist und Expeditionsleiter Arved Fuchs ist im MachtWas!?!-Podcast zu Gast. Begonnen hat Arved Fuchs‘ maritime Karriere bei der Handelsmarine. Mittlerweile ist er mit einem zehnköpfigen Team auf Expeditionen in Arktis, Antarktis und auch in Nordfriesland unterwegs.
Welchen konkreten Beruf Arved Fuchs nun hat, kann er selbst nicht sagen: „Insofern gibt es für mich einfach […] keine schlüssige, alles umfassende Berufsbezeichnung. Aber für mich ist das eigentlich auch nie ein Problem gewesen.“ Für das Finanzamt ist er jedenfalls Publizist.
Im Podcast geht es um Expeditionen an Orte, die für die meisten Lebewesen auf den ersten Blick lebensfeindlich erscheinen. Arved Fuchs spricht über Risikobereitschaft, Vorsicht und die direkten und indirekten Folgen des Klimawandels. Außerdem geht es um besondere Freundschaften und Backenzähne, die mit einer Kombizange gezogen werden müssen. Im Podcast erfahrt Ihr, wie seine Expeditionen immer weniger Extremsport und immer mehr Aktivismus wurden und was ihn von Reinhold Messner unterscheidet.
Ist das Wetter in Norddeutschland nicht ungemütlich genug?
Arved Fuchs erklärt im Podcast, was ihn in die kältesten Regionen unseres Planeten verschlägt: „Ich bin da nicht hingefahren, weil ich von Haus aus gerne friere oder Masochist bin. Mich hat’s fasziniert.“ Wer wissen möchte, was der Arktis-Bazillus ist und wie sich dieser überträgt, hört sich den Podcast an.
Angefangen haben seine Abenteuerreisen vor vielen Jahren im Dschungel von Borneo und den Wildwassern Kanadas. Auch jetzt geht die Faszination von Arved Fuchs über Eis und Schnee hinaus. Er schwärmt im Podcast von Kultur, Flora und Fauna der Arktis, insbesondere von Grönland. Arved Fuchs veranschaulicht, wie sich mit der Zeit immer mehr Türen öffnen, wenn man lernt, sich in dieser Umgebung zurechtzufinden. Wer hier nur an Iglus und Schnee denke, verpasse etwas.
Den Klimawandel vor Augen
Während der Klimawandel für viele Menschen in einer Abstraktion aus Nachrichten, Theorie und Zahlen stattfindet, kann ihn Arved Fuchs direkt erleben. Oder, um es in seinen Worten zu sagen: Die Atmosphäre färbt sich ja nicht lila. Das Eis in der Arktis verschwindet aber schon seit Jahrzehnten.
Arved Fuchs erzählt von Reisen, die heute möglich oder unmöglich geworden sind. Beides aus demselben Grund: Das Eis schmilzt. Er beschreibt die Arktis als das Epizentrum des Klimawandels: „Dort passiert es zuerst, und zwar seit Jahrzehnten. Und das Schlimme daran ist, dass Wissenschaftler da immer vor gewarnt haben. Schon Mitte der 60er-Jahre.“
„Mir hat es wirklich so dieses Ungetrübte am Naturerlebnis ein bisschen verhagelt. Ja, mir die Unbefangenheit genommen und deshalb habe ich gesagt: ‚Also, du mischt dich ein […]. Schmeiß das, was du hast auch in den Ring, um zu Gunsten der Polarregion und des Klimas im Allgemeinen zu handeln.“
Arved Fuchs
Deshalb sieht sich Arved Fuchs in der Verpflichtung, der Natur etwas zurückzugeben: „Ich bin eben halt gerade auch zum Zeitzeugen dieser Klimaveränderung, der Naturveränderung, gerade im arktischen, aber auch antarktischen Raum und auf den Ozeanen [geworden].“
Im Podcast erfahrt Ihr, wie sich sachliche und emotionale Informationen vom Schwingen der Moralkeule unterscheiden. Arved Fuchs ärgert sich über die mehr als ein halbes Jahrhundert anhaltende Ignoranz gegenüber dem Klimawandel. Er versucht zu erklären, warum diese „unbequeme Wahrheit“ von der Politik nicht ausreichend behandelt wird.
Mit optimistischen Aktivismus zur Problemlösung
Michael möchte wissen, ob der Kontrast zwischen dem schnellen Klimawandel am Nordpol und dem langsamen Umdenken in deutschen Großstädten, eher entmutigend oder motivierend ist. Arved Fuchs bezeichnet sich selbst als Optimisten, sonst könne er auch nicht machen, was er mache. Die Klimakatastrophe sei nicht unabwendbar.
Arved Fuchs betont, dass man jetzt handeln müsse, um die schlimmsten Kippeffekte zu verhindern. Alle Mittel seien vorhanden aber die Zeit bald nicht mehr. Im Podcast stellt Arved Fuchs dänische Dörfer vor, in denen man hochtechnologisch und emissionsfrei lebt und überschüssige Energie sogar in das allgemeine Stromnetz einspeisen kann. Warum funktionieren solche Best-Practice-Beispiele nicht im großen Stil?
„Aber wir haben ja auch die Lösung des Problems. Und das macht mir ja Hoffnung und das ist auch das, was ich den Menschen gerne kommunizieren möchte.“
Arved Fuchs
Arved Fuchs ist kein Wissenschaftler. Er sorgt für Aufmerksamkeit und sammelt Daten. Mit dem Projekt „Ocean Change“ möchte Arved Fuchs zeigen, was in der Natur passiert. Die nächste Expedition geht im Juni wieder in die Arktis. Hauptaugenmerk ist diesmal der Golfstrom.
Was muss vor einer Reise ins Eis getan werden?
Einer Expedition ins Eis gehen mehrere Monate Büroarbeit voran. Und auch das bereits 90-jährige Schiff „Dagmar Aaen“ müsse regelmäßig gewartet werden. Letztendlich bleibt auch die Bürokratie nicht aus. Genehmigungen müssen eingeholt werden und aktuell gibt es noch eine ganz neue Herausforderung: „Man muss […] die Corona-Regeln jeder einzelnen Nation, die wir ansteuern, irgendwie parat haben und die ändern sich ja nun mal leider im Wochentakt.“
Arved Fuchs spricht auch davon, dass die befahrenen Nationen die Vorbereitungszeit verlängern können. Wenn das Schiff russische Gewässer durchquert, müsse man die Expedition schon zwei Jahre im Voraus planen. Sonst käme man nicht durch die dortige Verwaltung.
Alle Crewmitglieder sind ehrenamtlich auf dem Schiff und müssen ihre sonstigen Verpflichtungen auch erst einmal klären. Im Schnitt sei ein Jahr Vorbereitungszeit das absolute Minimum.
Das alles funktioniert nicht ohne die passende Finanzierung. Im Podcast erklärt Arved Fuchs, wie er sich nicht für Greenwashing instrumentalisieren lässt und unter welchen Kriterien er seine Sponsoren auswählt. Schnaps- und Zigarettenherstellerinnen gehören nicht dazu: „Aber ich weiß so in den 80er-Jahren, wo Rauchen noch en vogue war und es die ganze Rauchwerbung gab. Da gab es oftmals so aus der Ecke ‚Rauch‘, sage ich mal, sehr lukrative Angebote […]. Das habe ich zum Beispiel nie gemacht.“
Auch öffentliche Gelder erhält Ocean Change nicht: „Ich habe das eigentlich auch nicht vor. Das ist auch eigentlich so eine Erklärung, dass wir sagen, wir sind jetzt nicht auf Steuergeldern unterwegs. Sondern jeden Euro, den wir ausgeben, den müssen wir auch verdienen. Ich schulde da in letzter Instanz nur dem Finanzamt Auskunft.“
Wie wird man Jünger von jemandem, der selbst kein Messias ist?
Arved Fuchs betont im Podcast immer wieder, dass es auch ihm nicht möglich sei emissionsfrei zu leben. Der CO2-Abdruck der nächsten Expedition werde zumindest aufgezeichnet. Und wie findet man die richtigen Leute für diese Expedition?
„Ich sage immer ganz explizit: ‚Ich bin Teil des Problems!‘ Ich bin viel unterwegs. Ich habe einen entsprechenden CO2-Abdruck.“
Arved Fuchs
„Ja das Problem ist […], dass viele Menschen darin das ultimative Abenteuer sehen und gerne mitmöchten und alles Unangenehme, was damit verbunden ist, gerne ausklammern.“ Grundsätzlich erreichen Arved Fuchs genug Anfragen von Menschen, die mit ihm in See stechen wollen.
Im Podcast erklärt Arved Fuchs, wie er die zehn Plätze auf der Dagmar Aaen besetzt und weshalb Selbstdarstellerinnen direkt abgelehnt werden. Auch brauche er keine Segelexperten oder Triathletinnen, sondern Menschen mit sozialen und fachlichen Kompetenzen. Klassische Bewerbungsgespräche würden dabei auch nicht besonders weit führen. Arved Fuchs verlässt sich viel auf sein Bauchgefühl: „Ich will auch gar nicht sagen, dass ich da die goldene Hand habe. Ich habe mich auch vertan, dass ich wirklich jemanden eingeladen habe mitzufahren, dem das übern Kopf wuchs.“
Arved Fuchs ist stolz auf die Diversität an Bord: „Son Schiff ist ein Schmelztiegel im positiven Sinne des Wortes.“ Decksprache ist Englisch. Das alles führe zu besonderen Freundschaften.
Der Verzicht auf frisches Obst und kalte Füße seien eher die kleinere Mühseligkeit, die man auf so einer Expedition auf sich nehmen müsse. Arved Fuchs erzählt, wie dramatisch ein schmerzender Backenzahn bei einer Grönland-Durchwanderung werden kann: „Also hieß es der Zahn muss raus. Und wir haben aber auch nicht diese zahnärztlichen Zahnzangen dabeigehabt, sondern einfach nur ‘ne Kombizange, womit wir auch den Schlitten und andere Dinge repariert haben. Und man redet da so ein wenig schmunzelnd drüber, aber es war überhaupt nicht witzig.“
Zitate:
00:05:10 „Insofern gibt es für mich einfach […] keine schlüssige, alles umfassende Berufsbezeichnung. Aber für mich ist das eigentlich auch nie ein Problem gewesen.“
00:06:20 „Das sind schon zwei völlig verschiedene Disziplinen. Ob du im Himalaya unterwegs bist oder ob du zum Nordpol läufst.“
00:06:52 „Es geht mir heute nicht um Extremsport. Das ist irgendwie ab einem bestimmten Alter dann vielleicht auch albern.“
00:09:03 „Ich bin da nicht hingefahren, weil ich von Haus aus gerne friere oder Masochist bin. Mich hat’s fasziniert.“
00:12:07 „Ich bin eben halt gerade auch zum Zeitzeugen dieser Klimaveränderung, der Naturveränderung, gerade im arktischen, aber auch antarktischen Raum und auf den Ozeanen [geworden].“
00:14:42 „Mir hat es wirklich so dieses Ungetrübte am Naturerlebnis ein bisschen verhagelt. Ja, mir die Unbefangenheit genommen und deshalb habe ich gesagt: ‚Also, du mischt dich ein […]. Schmeiß das, was du hast auch in den Ring, um zu Gunsten der Polarregion und des Klimas im Allgemeinen zu handeln.“
00:15:45 „Dort passiert es zuerst, und zwar seit Jahrzehnten. Und das Schlimme daran ist, dass Wissenschaftler da immer vor gewarnt haben. Schon Mitte der 60er-Jahre.“
00:19:55 „Aber wir haben ja auch die Lösung des Problems. Und das macht mir ja Hoffnung und das ist auch das, was ich den Menschen gerne kommunizieren möchte.“
00:24:07 „Ich möchte eben gerade das Schiff und diese Projekte dafür einsetzen, quasi als Vertreter für viele Interessierte Menschen in Gegenden zu fahren. Um ihnen zu zeigen, was dort passiert, um sie virtuell mit auf die Reise zu nehmen.“
00:29:20 „Man muss […] die Corona-Regeln jeder einzelnen Nation, die wir ansteuern, irgendwie parat haben und die ändern sich ja nun mal leider im Wochentakt.“
00:32:57 „Ich habe das eigentlich auch nicht vor. Das ist auch eigentlich so eine Erklärung, dass wir sagen, wir sind jetzt nicht auf Steuergeldern unterwegs. Sondern jeden Euro, den wir ausgeben, den müssen wir auch verdienen. Ich schulde da in letzter Instanz nur dem Finanzamt Auskunft.“
00:36:12 „Aber ich weiß so in den 80er-Jahren, wo Rauchen noch en vogue war und es die ganze Rauchwerbung gab. Da gab es oftmals so aus der Ecke ‚Rauch‘, sage ich mal, sehr lukrative Angebote […]. Das habe ich zum Beispiel nie gemacht.“
00:38:14 „Aber es sagt doch kein Mensch, dass wir heute am Ende der Fahnenstange angekommen sind, was die technische Entwicklung angeht.“
00:40:44 „Ich sage immer ganz explizit: ‚Ich bin Teil des Problems!‘ Ich bin viel unterwegs. Ich habe einen entsprechenden CO2-Abdruck.“
00:43:22 „Ja das Problem ist […], dass viele Menschen darin das ultimative Abenteuer sehen und gerne mitmöchten und alles Unangenehme, was damit verbunden ist, gerne ausklammern.“
00:46:13 „Son Schiff ist ein Schmelztiegel im positiven Sinne des Wortes.“
00:49:30 „Ich will auch gar nicht sagen, dass ich da die goldene Hand habe. Ich habe mich auch vertan, dass ich wirklich jemanden eingeladen habe mitzufahren, dem das übern Kopf wuchs.“
00:57:51 „Wenn man eigenverantwortlich lebt und agiert, weil man weiß, dass von draußen keine Hilfe kommen kann, dann sieht man die Verantwortung vielleicht auch noch anders, als wenn man hier lebt und alles im Übermaß vorhanden ist.“
01:00:42 „Also hieß es der Zahn muss raus. Und wir haben aber auch nicht diese zahnärztlichen Zahnzangen dabeigehabt, sondern einfach nur ‘ne Kombizange, womit wir auch den Schlitten und andere Dinge repariert haben. Und man redet da so ein wenig schmunzelnd drüber, aber es war überhaupt nicht witzig.“