„In normalen Zeiten sind die Möglichkeiten Einfluss zu nehmen allerdings größer als jetzt zur Pandemie. […] Die Kanzlerin ist sehr dominant in der Krisenstrategie.“
Christian Lindner
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Christian Lindner über den Willen zur Macht, Koalitionsverhandlungen und den politischen Kurs während Covid19
Das Gesicht der FDP, Christian Lindner, ist im MachtWas!?!-Podcast zu Gast. Der Fraktions- und Parteivorsitzende der Liberalen spricht über die Faszination für die eigene Partei und die Wunschträume von deutschen Chefredakteuren. Er erklärt, warum er 2021 an die Macht möchte und aus welchen Gründen er die Regierungsbeteiligung nach der Bundestagswahl 2017 noch abgelehnt hat. Im Podcast findet ihr heraus, was Christian Lindners Lieblingsverein neben der gelben Farbe noch mit der FDP gemeinsam hat. Christian Lindner behauptet außerdem, dass die Grünen glauben könnten, einen Vorteil mit einer Frau als Kanzlerkandidatin zu haben. Dann geht es noch um die zukünftigen wirtschaftlichen Herausforderungen, wenn die Babyboomer in einer post-Pandemie-Bundesrepublik in die Rente gehen.
Falls wirtschaftsliberal nicht typisch deutsch ist, ist die FDP dann Punk?
Christian Lindner spricht im Podcast über seinen Weg zur FDP. Andere Parteien haben ihm nicht zugesagt. Er habe schon früh sein eigenes Auto und seine eigene Wohnung haben wollen. Diese Vorliebe für das „auf eigenen Beinen stehen“ hat er auch bei der FDP gesehen: „Und habe meinen Weg in die Politik und zur FDP als Schüler gefunden. War mein damaliges Lebensgefühl.“
Warum die FDP seiner Meinung nach nicht zur deutschen Mentalität passe, erfahrt ihr im Podcast.
„Deutschland ist sehr stark orientiert auf den Staat. Sehr viele Menschen denken auch so – na wie soll ich sagen – im Kollektiv. Dieser wohlverstandene Individualismus, wie wir ihn pflegen, der hat eher was Angelsächsisches. Der ist nicht typisch deutsch und deshalb braucht man bei der FDP starke Nerven.“
Christian Lindner
Michael möchte wissen, warum Christian Lindner nicht in der freien Wirtschaft geblieben ist. Dort gäbe es unter Umständen doch mehr Geld zu verdienen. Es ginge ihm aber nicht ums Einkommen, sondern um Gestaltungsfreiheit und Macht.
Aber auch die Bezüge von Politikerinnen sind nicht gering. Hierzu hat Christian Lindner eine klare Meinung: „Da kann ich keine Überbezahlung sehen. Wie gesagt, wer glaubt, dass das ein lukratives Geschäft ist, Abgeordneter oder Politiker zu werden: Es steht jedem offen.“
Wie viel konzentrierte Macht ist in einer Demokratie möglich?
Im Podcast beschreibt Christian Lindner seine Funktion als Parteivorsitzender. Er bringe Entscheidungsprozesse voran. Das geschehe durch Koordination und das Einbringen eigener Vorschläge. Christian Lindner erklärt, dass diese Entscheidungen nicht in Stein gemeißelt sind. Vor einigen Jahren wurde eine Föderalismusreform im Bildungssektor noch abgelehnt. Heute ist die Parteiposition, dass Bildung auf Bundesebene organisiert werden sollte.
Und wie wirkt sich die Macht eines Parteivorsitzenden aus, wenn sich ein FDP-Politiker im Thüringer Landtag von der AfD ins Ministerpräsidentenamt wählen lässt? Zuerst einmal gar nicht: „Die Landesverbände der Parteien sind völlig autonom. […] Es gibt also wirklich keine Möglichkeit dort Einfluss zu nehmen.“ Christian Lindner verweist darauf, dass in solchen Fällen diplomatisches Geschick gefragt sei und man darauf achten müsse, dass sich ein Landesverband nicht von der Partei auf Bundesebene abkapselt.
Christian Lindner stellt einen Bezug zu den Entscheidungen bezüglich der Corona-Verordnungen her: Wenn nur die Ministerpräsidentinnen mit der Bundeskanzlerin beraten, habe man als Koalitionspartner der Landesregierung kein Mitspracherecht. Da bleibe einem nur die Ratifizierung oder eine komplette Ablehnung: „In normalen Zeiten sind die Möglichkeiten Einfluss zu nehmen allerdings größer als jetzt zur Pandemie. […] Die Kanzlerin ist sehr dominant in der Krisenstrategie.“
2021 möchte man die Koalitionsverhandlungen wieder aufnehmen
Auch bei der Bundestagswahl 2017 habe man Lust auf Gestaltung gehabt, nur die Richtung hat nicht gepasst. Christian Lindner sagt außerdem, dass man sich mit einer damaligen Regierungsbeteiligung nicht an die Wahlkampfversprechen hätte halten können.
„Bundesminister hätte ich ja 2017 werden können. Dann wäre ich ihr Gesprächspartner als Vizekanzler und Finanzminister, aber da haben wir uns ja aus guten inhaltlichen Gründen dagegen entschieden.“
Christian Lindner
Dass das damals nicht besonders positiv aufgenommen wurde, läge seiner Meinung nach am Kalkül der anderen Parteien und an einer politischen Vorliebe der Medien: „Vielen Journalistinnen und Journalisten haben sich verliebt in die Idee einer schwarz-grünen Koalition.“
Aktuell gebe es keine Wunschkoalition. Christian Lindner würde erst einmal Inhalte festlegen wollen und sich anschließend mit potenziellen Partnerinnen beschäftigen. Einen kleinen Ausblick wagt er im Podcast dann trotzdem: Christian Lindner glaubt mehr an Laschet als an Söder und bezweifelt, dass Robert Habeck für die Grünen kandidieren wird. Das hat einen bestimmten Grund: „Aber ich kann mir gut vorstellen, dass die Grünen einen Vorteil darin sehen könnten (mit Frau Baerbock eine Spitzenkandidatin) als einzige Partei, ein weibliches Gesicht zu präsentieren. Nebenbei gesagt, ist das auch ’ne sehr sachkompetente Frau.“
Mehr Öffnung sei möglich
Wie schwierig ist es, die Corona-Verordnungen der Bundesregierung zu kritisieren, ohne in eine Ecke mit den „Covidioten“ gestellt zu werden? Christian Lindner sagt, dass auch die Opposition eine Verantwortung für die Stimmung im Land habe. Deshalb muss in einer besonderen Situation der Ton angepasst werden. Beispielsweise indem man auf polemische Spitzen verzichtet.
Christian Lindner spricht über die Stärken und Schwächen des Landes, die durch die Pandemie sichtbarer geworden sind. So haben sich deutliche Defizite in der öffentlichen Verwaltung und dem Gesundheitswesen gezeigt. Im Bereich Bildung und Homeschooling sei vieles vernachlässigt worden. Christian Lindner macht auch auf die Doppelbelastung von Eltern (häufig Müttern) aufmerksam. Deshalb möchte er auch eine Grundgesetzänderung für mehr Verantwortung des Bundes in der Bildung. Die muss nicht günstig sein: „Da ist die gesamtstaatliche, finanzielle Feuerkraft nötig.“
Mit neuen und anderen Maßnahmen sei außerdem mehr Öffnung möglich als bisher. Christian Lindner spricht sich für Schnelltestes, Luftreinigungsanlagen und einen digitalen Impfpass aus.
„Mit Hygiene- und Schutzkonzepten, wie wir sie den Frisören zutrauen, können auch Fitnessstudios, Kosmetikstudios, der Handel und auch Teile der Gastronomie öffnen. Da muss dann gleiches Recht für alle gelten.“
Christian Lindner
Eins möchte der FDP-Politiker jedoch nicht mehr. Die Versäumnisse der Vergangenheit anklagen: „Da könnte ich viel sagen: Wir haben letztes Jahr im April gesagt: ‚Wir brauchen FFP2-Masken!‘, im Sommer haben wir gesagt: ‚Schützt die Alten- und Pflegeheime, damit wir nicht schwere Erkrankungen bekommen!‘ Ich könnte wirklich ’ne lange Liste machen von: ‚Wir haben es ja immer gesagt!'“
Zitate:
00:03:42 „Und habe meinen Weg in die Politik und zur FDP als Schüler gefunden. War mein damaliges Lebensgefühl.“
00:05:41 „Deutschland ist sehr stark orientiert auf den Staat. Sehr viele Menschen denken auch so – na wie soll ich sagen – im Kollektiv. Dieser wohlverstandene Individualismus, wie wir ihn pflegen, der hat eher was Angelsächsisches. Der ist nicht typisch deutsch und deshalb braucht man bei der FDP starke Nerven.“
00:06:47 „Bundesminister hätte ich ja 2017 werden können. Dann wäre ich ihr Gesprächspartner als Vizekanzler und Finanzminister, aber da haben wir uns ja aus guten inhaltlichen Gründen dagegen entschieden.“
00:11:13 „Mein persönliches Ziel, meine Mission, für dieses Jahr 2021 ist, dass ich an die Macht will mit der FDP.“
00:12:59 „Da kann ich keine Überbezahlung sehen. Wie gesagt, wer glaubt, dass das ein lukratives Geschäft ist, Abgeordneter oder Politiker zu werden: Es steht jedem offen.“
00:18:06 „Die Landesverbände der Parteien sind völlig autonom. […] Es gibt also wirklich keine Möglichkeit dort Einfluss zu nehmen.“
00:21:34 „Gleichwohl müssen wir wieder in einen Zustand kommen, wo die Parlamente wieder stärker mitentscheiden.“
00:22:48 „In normalen Zeiten sind die Möglichkeiten Einfluss zu nehmen allerdings größer als jetzt zur Pandemie. […] Die Kanzlerin ist sehr dominant in der Krisenstrategie.“
00:26:38 „Viele Journalistinnen und Journalisten haben sich verliebt in die Idee einer schwarz-grünen Koalition.“
00:33:06 „Mit Hygiene- und Schutzkonzepten, wie wir sie den Frisören zutrauen, können auch Fitnessstudios, Kosmetikstudios, der Handel und auch Teile der Gastronomie öffnen. Da muss dann gleiches Recht für alle gelten.“
00:35:01 „Da könnte ich viel sagen: Wir haben letztes Jahr im April gesagt: ‚Wir brauchen FFP2-Masken!‘, im Sommer haben wir gesagt: ‚Schützt die Alten- und Pflegeheime, damit wir nicht schwere Erkrankungen bekommen!‘ Ich könnte wirklich ’ne lange Liste machen von: ‚Wir haben es ja immer gesagt!'“
00:41:32 „Da ist die gesamtstaatliche, finanzielle Feuerkraft nötig.“
00:43:49 „Aber ich kann mir gut vorstellen, dass die Grünen einen Vorteil darin sehen könnten (mit Frau Baerbock eine Spitzenkandidatin) als einzige Partei, ein weibliches Gesicht zu präsentieren. Nebenbei gesagt, ist das auch ’ne sehr sachkompetente Frau.“