„Von den international, durch kriminelle Aktivitäten erlangten, Vermögen, ist letztendlich nur ein ganz geringer Bruchteil von den staatlichen Behörden identifiziert.“
Benjamin Vogel
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Benjamin Vogel über Milliardenumsätze, Geldwäsche und gesellschaftlichen Einfluss krimineller Organisationen
Benjamin Vogel forscht am Max-Planck-Institut in Freiburg zu Kriminalität, Sicherheit und Recht und dabei liegt sein Hauptfokus auf Geldwäsche.
Genau darum geht es in dieser Folge des MachtWas!?!-Podcasts. Benjamin Vogel macht im Gespräch über Geldwäsche klar, wie schwierig es ist, Einfluss und Volumen des gesamten illegalen Geldvermögens einzuschätzen. „Es gibt einiges an organisierter Kriminalität in Europa, die sicherlich auf insgesamt doch eher dreistellige Milliardenbeträge im Jahresumsatz kommen. Das sind Beträge, die haben nichts mehr mit Millionen zu tun.“
Die wichtigsten Timecodes dieser Folge des MachtWas!?!-Podcasts:
- 00:03:55 | Auch Dienstleistung: Definition von Geldwäsche.
- 00:12:42 | Beispiele aus der der komplexen und einfachen Welt der Geldwäsche.
- 00:30:35 | Nicht so leicht zu enttarnen: Teure Uhren, Gold und andere Güter.
- 00:36:05 | Die gesellschaftliche Macht organisierter Kriminalität.
- 00:58:05 | Geldwäschebekämpfung.
Definition: Geldwäsche
Die vorherrschenden Kriminalitätsphänomene seien vielfältig: Drogenhandel, illegaler Ressourcenabbau oder korrupte Politikerinnen.
„Wer begeht eigentlich Geldwäsche? […] Einerseits Personen, die diese Straftaten begangen haben, […] wir haben aber auf der anderen Seite auch das Phänomen, dass wir Personen haben, die die Geldwäsche mehr oder weniger als Dienstleistung anbieten. Gerade diese Dienstleister sind für die Kriminalpolitik eine besondere Herausforderung.“
Benjamin Vogel
Alle haben aber gemein, dass sie ihre Gelder gerne in stabilen Volkswirtschaften unterbringen wollen. Oft helfen dabei „Dienstleister“ auf dem Finanz- oder Rechtsberatermarkt ein. Die kriminelle Herkunft der Geldmittel werden verschleiert.
So wird schmutziges Bargeld zu versteuertem Giralgeld
Benjamin Vogel erklärt, wie für so manche Geldwäsche mehrere Konten hintereinanderschaltet werden, um den eigentlichen Ursprung des Geldes zu verschleiern.
„Zum Beispiel die Gastronomie, die sich natürlich auf Grund einer erhöhten Bargeldintensität anbietet. Und das ist sicherlich ein europaweites Problem, dass man an dieser Stelle dann sieht: Solche Bereiche sind attraktiv für organisierte Kriminalität, um Gelder aus der Bargeldform in eine deutliche besser zu transformierende Form, nämlich Giralgeld, zu bringen.“
Benjamin Vogel
Dafür werden im Internet willige Menschen gewonnen, die ihre Konten (teils unwissentlich) für Geldwäsche zur Verfügung stellen: „Das ist genau die Herausforderung, dass wir es bei dieser Form der Teilnahme an der Verschleierung von kriminell erlangtem Vermögen mit Personen zu tun haben, die entweder blauäugig sind oder auf der anderen Seite mit Personen, die sehr wohl wissen, an was sie da teilnehmen.“
Der gesellschaftliche Effekt von Geldwäsche
Ein kriminelles Vermögen sorgt auch für gesellschaftliche Macht, so „[d]ass kriminelle Akteure ihre wirtschaftliche Macht nutzen, um sich politische, wirtschaftliche und auch teilweise justizielle Amtsträger einzukaufen.“
So wurden in den 80er Jahren ganze Volkswirtschaften mit Geld aus dem Drogenhandel übernommen. In Deutschland fände das aber eher auf der kommunalen Ebene statt. Hier geht es um die Verteilung von Bauland oder die sozioökonomische Bedeutung von Sportclubs: „[In Europa werden] bestimmte Kampfsportarten von kriminellen Akteuren übernommen. Das ist für eine sinnvolle kriminaltechnische Präventionsarbeit, insbesondere in der Jugendkriminalität, eine große Herausforderung. Weil dort im Zweifelsfall Jugendlichen vermittelt wird, dass sie mit krimineller Tätigkeit deutlich mehr Erfolg, Geld und gesellschaftliches Ansehen erlangen können als jemals durch einen legalen Job.“
Der Kampf gegen Geldwäsche
Benjamin Vogel schlägt auch einen Bogen zu Regulierungen, die nötig sind, um den menschengemachten Klimawandel zu drosseln. Diese Regulierungen schüfen immer auch neue Märkte für die organisierte Kriminalität. Es ginge darum illegale Märkte abzugrenzen, damit genau dies nicht passiert. Der Teufelskreis muss aufgebrochen werden: „Immer dort, wo es Regulierungen gibt, immer dort, wo es darum geht, dass bestimmte Sachen staatlicherseits verteuert werden müssen, […] führt das dazu, dass Akteure der organisierten Kriminalität auftreten und sagen: ‚Ok, das können wir billiger. Das werden wir schwarz anbieten.'“
„Das Geldwäschephänomen ist etwas, was sich im Regelfall erst dann letztendlich feststellen lässt, wenn man in der Strafverfolgung ausreichend Ermittlungsverfahren (im Zweifelsfall auch Verurteilungen) erreicht hat, die es erlauben diese Strukturen besser zu verstehen.“
Benjamin Vogel
Zitate:
00:06:05 „Wir haben es hier mit einem relativ stabilen, finanziellen Umfeld zu tun. Was dazu führt, dass es für Kriminelle auf der ganzen Welt durchaus starke Motive gibt, […] wenn sie einen sicheren Hafen suchen, wo sie ihre kriminellen Vermögenswerten unterbringen können, dass sie damit beispielsweise nach Deutschland kommen.“
00:07:40 „Wer begeht eigentlich Geldwäsche? […] Einerseits Personen, die diese Straftaten begangen haben, […] wir haben aber auf der anderen Seite auch das Phänomen, dass wir Personen haben, die die Geldwäsche mehr oder weniger als Dienstleistung anbieten. Gerade diese Dienstleister sind für die Kriminalpolitik eine besondere Herausforderung.“
00:11:24 „Wenn wir heute von Geldwäschebekämpfung reden, haben wir es insbesondere mit diesem präventiven Rechtsrahmen zu tun, der eher auf die Privatwirtschaft abzielt. Und auf der anderen Seite die Herausforderung schafft, dass wir fast schon eine spezialisierte Gruppe von kriminellen Akteuren geschaffen haben, welche es darauf anlegt, diese Präventionsmaßnahmen vom Staat zu umgehen.“
00:15:07 „Zum Beispiel die Gastronomie, die sich natürlich auf Grund einer erhöhten Bargeldintensität anbietet. Und das ist sicherlich ein europaweites Problem, dass man an dieser Stelle dann sieht: Solche Bereiche sind attraktiv für organisierte Kriminalität, um Gelder aus der Bargeldform in eine deutliche besser zu transformierende Form, nämlich Giralgeld, zu bringen.“
00:20:57 „Das ist genau die Herausforderung, dass wir es bei dieser Form der Teilnahme an der Verschleierung von kriminell erlangtem Vermögen mit Personen zu tun haben, die entweder blauäugig sind oder auf der anderen Seite mit Personen, die sehr wohl wissen, an was sie da teilnehmen.“
00:21:55 „Von den international, durch kriminelle Aktivitäten erlangten, Vermögen, ist letztendlich nur ein ganz geringer Bruchteil von den staatlichen Behörden identifiziert.“
00:26:15 „Diese Konten sind nicht einer bestimmten Person zuordnungsbar, sondern einem Unternehmen. Und sie wissen nicht, wer hinter diesem Unternehmen steht.“
00:29:11 „Es ist schwierig in manchen Bereichen über normale Transaktionen der Banken Gelder ins Ausland zu bringen, weil das Entdeckungsrisiko dort möglicherweise zu hoch ist. Sodass sie dann stattdessen auf einen deutlich weniger regulierten Wirtschaftsbereich zurückgreifen: Den Güterhandel. Das heißt, sie kaufen in Land A Güter und schicken sie nach Land B.“
00:37:37 „Das sind Gelder, die aus krimineller Herkunft stammen, die eine größere Flexibilität zulassen und es zum Beispiel erlauben, dass Unternehmen, die überhaupt nicht profitabel sind, im legalen Markt weiterbetrieben werden. […] Weil sie nur als Scheingeschäft dienen, um die kriminelle Herkunft der Vermögen zu verheimlichen.“
00:41:45 „Dass kriminelle Akteure ihre wirtschaftliche Macht nutzen, um sich politische, wirtschaftliche und auch teilweise justizielle Amtsträger einzukaufen.“
00:44:55 „[In Europa werden] bestimmte Kampfsportarten von kriminellen Akteuren übernommen. Das ist für eine sinnvolle kriminaltechnische Präventionsarbeit, insbesondere in der Jugendkriminalität, eine große Herausforderung. Weil dort im Zweifelsfall Jugendlichen vermittelt wird, dass sie mit krimineller Tätigkeit deutlich mehr Erfolg, Geld und gesellschaftliches Ansehen erlangen können als jemals durch einen legalen Job.“
00:51:35 „Das Geldwäschephänomen ist etwas, was sich im Regelfall erst dann letztendlich feststellen lässt, wenn man in der Strafverfolgung ausreichend Ermittlungsverfahren (im Zweifelsfall auch Verurteilungen) erreicht hat, die es erlauben diese Strukturen besser zu verstehen.“
00:54:49 „Es gibt einiges an organisierter Kriminalität in Europa, die sicherlich auf insgesamt doch eher dreistellige Milliardenbeträge im Jahresumsatz kommen. Das sind Beträge, die haben nichts mehr mit Millionen zu tun.“
01:06:05 „Immer dort, wo es Regulierungen gibt, immer dort, wo es darum geht, dass bestimmte Sachen staatlicherseits verteuert werden müssen, […] führt das dazu, dass Akteure der organisierten Kriminalität auftreten und sagen: ‚Ok, das können wir billiger. Das werden wir schwarz anbieten.'“