„Gemessen an Osteuropa ist Thüringen extrem gut entwickelt. Gemessen am Durchschnitt von Westdeutschland sind wir immer noch im 2/3 Verhältnis.“
Bodo Ramelow
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Bodo Ramelow über Konflikte zwischen Ost- und West, Rassismus und sein Verhältnis zur eigenen Partei
Der Ministerpräsident des Freistaates Thüringen Bodo Ramelow ist zu Gast im „MachtWas!?!“ Podcast. Er gehört der Partei Die Linke an und ist seit November 2021 auch Bundesratspräsident – und damit protokollarisch die viert wichtigste Person der Bundesrepublik. In der Podcastfolge geht es unter anderem um die Disparitäten zwischen Ost- und Westdeutschland, die Überwindung von Grenzen, den Umgang mit Rassismus und um Verbesserungen im deutschen Gesundheitswesen.
Die wichtigsten Timecodes dieser MachtWas!?!-Folge:
- 00:03:28: Vorstellung des Gastes, Ost-West-Thematik
- 00:17:16: Was tun gegen Rassismus?
- 00:30:26: Wahleinschätzung zur Linksfraktion
- 00:36:33: Überwindung von Grenzen
- 00:44:31: DDR als Unrechtsstaat?
- 00:50:40: Verbesserungsmöglichkeiten im Gesundheitswesen
Ost- und Westdeutschland
Bodo Ramelow stammt aus einer gesamtdeutschen Familie, die über Jahrzehnte durch die Mauer getrennt wurde. Seine Sozialisierung fand im Westen statt, aber die DDR war ihm durch Familienbesuche vertraut. Im Podcast erzählt er, wie ihn diese Erfahrung geprägt hat und welche Stärken er an „seinem“ Land Thüringen schätzt. Seiner Meinung nach haben sich die neuen Bundesländer stark entwickelt und schneiden besonders im Vergleich zu Osteuropa sehr gut ab. Gemessen an Westdeutschland gäbe es jedoch immer noch einige Disparitäten. Ramelow sieht Rassismus außerdem nicht nur als ostdeutsches Problem und äußert sich, dass er die Gesellschaft insgesamt als sehr intolerant empfindet. Von seinen Maßnahmen, um dem entgegen zu wirken, berichtet er im Podcast.
Die Linke in Thüringen
Michael fragt unseren Gast nach seiner Einschätzung der Linksfraktion im Freistaat Thüringen. Wie steht es um aktuelle Umfrageergebnisse und welche Rolle spielt die Beliebtheit des Ministerpräsidenten für die Partei? Ramelow spricht in diesem Zuge von dem Thüringer Paradoxon: Seine Person wirke sehr mobilisierend, aber nicht einmal die Hälfte seiner Sympathisanten würden Die Linke wählen. Weiterhin sagt er, dass es sich mit der AfD genau andersherum zuträgt: 25 Prozent der Bevölkerung würden nach aktuellen Umfragen die Partei wählen, aber nicht ansatzweise so viele würden mit dem Spitzenkandidat Björn Höcke sympathisieren.
„Meine Partei hat ein paar Hausaufgaben zu machen und nicht ich muss mich verändern, sondern die Partei muss sich verändern und ich bin gerne bereit, meiner Partei dabei zu helfen.“
Bodo Ramelow
DDR als Unrechtsstaat?
In der Folge mit Ministerpräsident Ramelow geht es außerdem darum, warum er das Wort Unrechtsstaat in Bezug auf die DDR nicht verwendet. Ihm werde häufig vorgeworfen, dass er damit die vergangenen Taten leugnen würde. Im Podcast gibt er seine Erklärung zum Begriff ab und stellt eindeutig klar: „Das Unrecht in der DDR ist nicht zu leugnen. In der DDR hat es Recht gegeben, aber keine rechtsstaatlichen Prinzipien.“
Mängel im deutschen Gesundheitswesen
Abschließend geht es um das aktuelle Bundesinfektionsschutzgesetz und wie die Corona-Pandemie die Mängel des Gesundheitssystems hervorgehoben hat. Diese Mängel werden jedoch schon seit 15 Jahren beklagt, sagt Linken-Politiker Ramelow. Er spricht sich für einen deutlich höheren Mindestlohn im Pflege- und Krankheitsbereich aus. Außerdem erklärt er, wieso es problematisch ist, die Bezahlung privaten Trägern und einzelnen Arbeitnehmervertretern zu überlassen. Der soziale Ausgleich im Lande würde laut Ramelow von der FDP geblockt werden. Zum Ende gibt es dann noch eine Lebensweisheit von unserem Gast.
Zitate:
00:09:40: „Ich bin in meinem Leben immer parteilos gewesen, weil mir in Westdeutschland die Nähe der Gewerkschaften zur SPD – diese Kumpanei ist mir zu sehr auf die Nerven gegangen, und deswegen habe ich einen Bogen um Parteien gemacht.“
00:11:47: „Die, die sich vor 30 Jahren selbst erfinden mussten, die neue Wege gegangen sind, das ist heute die Stärke unseres Bundeslandes.“
00:12:15: „Gemessen an Osteuropa ist Thüringen extrem gut entwickelt. Gemessen am Durchschnitt von Westdeutschland sind wir immer noch im 2/3 Verhältnis.“
00:25:34: „Ich ziehe die Regenbogenfahne vor der Staatskanzlei hoch, ich werde dafür heftig angegriffen und ich gehe raus und ziehe sie nochmal hoch.“
00:29:33: „Ich erlebe eine Intoleranz in der Gesellschaft, die aber nicht nur aus der Richtung rechts kommt. Ich erlebe eine Intoleranz in der ganzen Gesellschaft.“
00:34:56: „Meine Partei hat ein paar Hausaufgaben zu machen und nicht ich muss mich verändern, sondern die Partei muss sich verändern und ich bin gerne bereit, meiner Partei dabei zu helfen.“
00:44:08: „Ich bin eigentlich dagegen Grenzen zu verschieben, weil ich der Meinung bin: wir müssen Grenzen überwinden. Und wir könnten sie in Europa überwinden, indem Grenzen gar keine Rolle mehr spielen.“
00:45:25: „Das Unrecht in der DDR ist nicht zu leugnen. In der DDR hat es Recht gegeben, aber keine rechtsstaatlichen Prinzipien.“
00:56:49: „Das Virus ist nicht schuld daran, dass das Gesundheitswesen so verschlissen worden ist, sondern eine Privatisierungswelle, die dazu geführt hat, immer mehr den Kostendruck auf die Gesundheitsträger zu legen.“