„Die Legion will sozusagen, dass jemand sein Leben ihr gegenüber ganz offenlegt und sagt: ‚Das waren meine Verfehlungen, deswegen will ich in die Fremdenlegion.'“
Eckard Michels
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Eckard Michels über die Fremdenlegion, ihre militärische Bedeutung und die Mythen dieser Söldnerarmee
Professor Eckard Michels von der University London ist im MachtWas!?!-Podcast zu Gast. Eckard Michels ist Historiker und beschäftigt sich unter anderem mit der Fremdenlegion. Neben der theoretischen militärhistorischen Analyse kennt er den Armeealltag von der Bundeswehr aus erster Hand: „Die Rolle des Alkohols oder der Leerlauf eines militärischen Alltags. Alles das nachzuvollziehen ist sicherlich einfacher, wenn man mal 15 Monate in so einer Großorganisation verbracht hat.“
Außerdem im MachtWas!?!-Podcast:
- Was die Fremdenlegion von einer klassischen Söldnerarmee unterscheidet.
- Ersatzfamilie statt Vaterlandsliebe: Warum Menschen ihr Leben für die Legion riskieren.
- Die besondere Rolle der Deutschen in der Fremdenlegion.
- Plünderungen und Vergewaltigungen: Die Verbrechen der Fremdenlegion in den ehemaligen Kolonien.
- Fremdenlegionen außerhalb Frankreichs: „Die Briten rekrutieren aus sämtlichen Commonwealth-Ländern und das sind ja mittlerweile über 40.“
- Das Ansehen von Soldatinnen in verschiedenen Ländern.
- Der Unterschied zwischen europäischen, russischen und chinesischen Armeen.
Letzte Station Fremdenlegion?
„Ganz konkret ist das also eine Einheit der französischen Armee. Deren Besonderheit darin besteht, dass die Unteroffiziere und Mannschaften hauptsächlich aus Ausländern bestehen. Während das Offizierskorps hauptsächlich aus Franzosen besteht.“, bringt Eckard Michels die Fremdenlegion mit drei Sätzen auf den Punkt.
Historisch gesehen kämen die Legionäre vor allem aus kaputten Familienverhältnissen und Armut. Daneben gab es einige wenige Abenteuer- und Reiselustige aber auch Revolutionäre: „Es gab immer auch Wellen von besser gebildeten, politisch motivierten, Männern, die in die Fremdenlegion gespült worden sind. In diesen bestimmten Krisenphasen, wenn es in Europa irgendwo eine […] Revolution gegeben hat.“
Im Podcast geht Eckard Michels auch auf das Vorurteil ein, dass viele Fremdenlegionäre kriminell waren. So seien Kapitalverbrecher schon seit den zwanziger Jahren nicht mehr angenommen worden, während kleinere Vergehen geduldet wurden.
„Die Legion will sozusagen, dass jemand sein Leben ihr gegenüber ganz offenlegt und sagt: ‚Das waren meine Verfehlungen, deswegen will ich in die Fremdenlegion.'“
Eckard Michels
Warum sich die Fremdenlegion ausschließlich in Frankreich entwickelte
Eckard Michels macht klar, dass Frankreich schon im 19. Jahrhundert, im Gegensatz zu Deutschland, ein Einwanderungsland war. Zugezogene konnten hier deutlich einfacher die Staatsbürgerschaft erlangen als anderswo in Europa.
„Das geht dann eben so weit, dass gesagt wird: ‚Frankreich ist eben so großartig von seinen Idealen her, dass Ausländer bereit sind, ihr Leben für die Trikolore zu geben.‘“
Eckard Michels
„Ganz wichtig für das Selbstverständnis der Legionäre ist, dass die auch immer das Gefühl hatten: ‚Wir dienen nicht Frankreich, sondern wir dienen der Fremdenlegion.'“ Mit diesem Selbstverständnis eines Legionärs verschwinden auch mögliche Interessenkonflikte im Kampf gegen das Heimatland. Dieses sei für viele Legionäre ohnehin das Symbol für das eigene gescheiterte zivile Leben, sagt Eckard Michels im Podcast.
Mit Rassismus innereuropäische Differenzen überwinden
Um Lagerbildungen vorzubeugen, sollte die Legion nicht zu mehr als einem Drittel von einer bestimmten Nationalität geprägt sein. Dieses Ziel konnte nicht immer eingehalten werden.
„Wenn die miteinander kommunizieren wollten, war es natürlich so, dass der Deutsche mit dem Deutschen gesprochen hat und der Slowake mit dem Slowaken. Einfach schon aus Verständigungsgründen. Also, diese Grüppchenbildung nach Nationalitäten konnte die Fremdenlegion nie ganz aufbrechen.“
Eckard Michels
Zusätzlich zur „Fremdenlegion als Ersatzfamilie“ hat der Rassismus der Europäer gegenüber nicht-weißen Menschen für Zusammenhalt gesorgt. Michels macht klar, dass das kein spezielles Merkmal der Fremdenlegion war. Auch wenn es hier den „inneren Kit“ verstärkt hat: „Dieser Rassismus musste den Legionären von den Offizieren gar nicht erst eingeimpft werden. Den brachten die von zuhause mit. Das war einfach dieses generelle europäische Überlegenheitsgefühl.“
Mittlerweile habe Rassismus in der Fremdenlegion abgenommen. Seit den 70er-Jahren ist die Fremdenlegion auch für alle außereuropäischen Söldnern offen: „Heutzutage machen die Europäer […] vielleicht 30% bis 40% aller Legionäre aus.“
Kriegslust und Fahnenflucht in der Fremdenlegion
Eckard Michels geht auf die hohe Kriegsbereitschaft in der Fremdenlegion ein und hebt dabei hervor, dass das Credo „Krieg über Frieden“ kein Alleinstellungsmerkmal der Fremdenlegion war.
Das war sozusagen das Schönste für einen Legionär, wenn er den Befehl erhielt: ‚Wir rücken jetzt aus, weil da ein Stamm ist, der muss ‚befriedet‘ werden.“, wie es so schön hieß. Militärische Zeiten, Einsatzzeiten waren immer populärer in der Fremdenlegion als der normale Garnisondienst.“
Eckard Michels
„Heutzutage flüchten ungefähr pro Jahr 2% bis 3% der Legionäre aus der Legion. Meistens nicht, weil sie dort so schlecht behandelt werden, sondern weil sie der langen Weile überdrüssig sind oder sich ein spannenderes Leben vorgestellt hatten als das, was die Legion wirklich leisten kann.“ Eckard Michels erklärt im Podcast, warum das vor hundert Jahren noch anders gewesen ist.
Zitate:
00:06:09 „Die Rolle des Alkohols oder der Leerlauf eines militärischen Alltags. Alles das nachzuvollziehen ist sicherlich einfacher, wenn man mal 15 Monate in so einer Großorganisation verbracht hat.“
00:08:51 „Ganz konkret ist das also eine Einheit der französischen Armee. Deren Besonderheit darin besteht, dass die Unteroffiziere und Mannschaften hauptsächlich aus Ausländern bestehen. Während das Offizierskorps hauptsächlich aus Franzosen besteht.“
00:11:09 „Die ganz klassische Definition der Söldnergruppe trifft auch nicht auf die Fremdenlegion zu.“
00:17:26 „Es gab immer auch Wellen von besser gebildeten, politisch motivierten, Männern, die in die Fremdenlegion gespült worden sind. In diesen bestimmten Krisenphasen, wenn es in Europa irgendwo eine […] Revolution gegeben hat.“
00:21:56 „Die Legion will sozusagen, dass jemand sein Leben ihr gegenüber ganz offenlegt und sagt: ‚Das waren meine Verfehlungen, deswegen will ich in die Fremdenlegion.'“
00:26:07 „Das geht dann eben so weit, dass gesagt wird: ‚Frankreich ist eben so großartig von seinen Idealen her, dass Ausländer bereit sind, ihr Leben für die Trikolore zu geben.‘“
00:32:00 „Ganz wichtig für das Selbstverständnis der Legionäre ist, dass die auch immer das Gefühl hatten: ‚Wir dienen nicht Frankreich, sondern wir dienen der Fremdenlegion.'“
00:34:11 „Wenn die miteinander kommunizieren wollten, war es natürlich so, dass der Deutsche mit dem Deutschen gesprochen hat und der Slowake mit dem Slowaken. Einfach schon aus Verständigungsgründen. Also, diese Grüppchenbildung nach Nationalitäten konnte die Fremdenlegion nie ganz aufbrechen.“
00:38:34 „Dieser Rassismus musste den Legionären von den Offizieren gar nicht erst eingeimpft werden. Den brachten die von zuhause mit. Das war einfach dieses generelle europäische Überlegenheitsgefühl.“
00:40:42 „Heutzutage machen die Europäer […] vielleicht 30 % bis 40 % aller Legionäre aus.“
00:42:29 „Es ist niemand eingestellt wurden und dann ist gesagt worden: ‚So, morgen marschierst du 50km mit Gepäck.‘ Sondern, das ist ein langsamer Leistungsaufbau, den die Legion gemacht hat.“
00:45:34 „Das war sozusagen das Schönste für einen Legionär, wenn er den Befehl erhielt: ‚Wir rücken jetzt aus, weil da ein Stamm ist, der muss ‚befriedet‘ werden.“, wie es so schön hieß. Militärische Zeiten, Einsatzzeiten waren immer populärer in der Fremdenlegion als der normale Garnisondienst.“
00:54:25 „Die Briten rekrutieren aus sämtlichen Commonwealth-Ländern und das sind ja mittlerweile über 40.“
01:00:28 „Insofern kann man schon von einer gewissen Entmilitarisierung der Politik sprechen, was die Bereitschaft zum Einsatz militärischer Mittel als auch die Bereitschaft Geld dafür auszugeben angeht.“
01:09:16 „‚Was wird aus der Fremdenlegion, wenn es keine Kolonien mehr gibt?‘ Also, das waren die Momente, wo es regelrechte Desertionswellen gab.“
01:09:54 „Heutzutage flüchten ungefähr pro Jahr 2 % bis 3 % der Legionäre aus der Legion. Meistens nicht, weil sie dort so schlecht behandelt werden, sondern weil sie der langen Weile überdrüssig sind oder sich ein spannenderes Leben vorgestellt hatten als das, was die Legion wirklich leisten kann.“