„Wenn man einmal im Fußball recherchiert, dauert es nicht lange, bis da Leute drohen, dass man doch mal bitte aufpassen soll.“
Hajo Seppelt
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Hajo Seppelt, über Betrug im Profisport, warum Doping nicht offen angesprochen wird und über die Gefahren für einen kritischen Sportjournalisten
Das wohl prominenteste Mitglied der ARD-Dopingredaktion ist im MachtWas!?!-Podcast zu Gast. Hajo Seppelt wurde auf Grund seiner Arbeit nicht nur die Einreise zur Fußball Weltmeisterschaft in Russland untersagt, er galt unter Kollegen zu Beginn seiner Karriere als Nestbeschmutzer des Sportjournalismus. Im Podcast geht Hajo Seppelt auf diese Erfahrungen ein und erklärt, wie und warum in der Welt des Profisports betrogen wird.
Außerdem im MachtWas!?!-Podcast:
- Sportjournalismus im Widerspruch: Welche Gründe Journalisten haben, Doping zu verschweigen.
- Warum es keine gute Idee ist, Doping für alle Sportlerinnen freizugeben.
- Verschlossene Augen: Warum alle Beteiligten ein Interesse daran haben, dass Doping nicht auffliegt.
- Wie gefährlich lebt man als kritischer Sportjournalist?
Doping damals und heute
Hajo Seppelt sagt, er habe den Finger in die Wunde des Radsports gelegt: „Der ganze Radsport war völlig dopingverseucht. Es gab glaube ich kaum jemand, der nicht manipuliert hat.“ Im Podcast verrät Hajo Seppelt, dass andere Journalisten ihn baten, Dopingfälle während der Tour de France nicht an den Beginn seiner Berichterstattung zu platzieren: „Das fand‘ ich schon echt schräg, dass da Menschen, die in der Verantwortung stehen von einem plötzlich fordern, eine Sache anders darzustellen als sie quasi ist.“
Mittlerweile sitzt Hajo Seppelt mit seinem Team in der ARD-Dopingredaktion außerhalb der alltäglichen Sportberichterstattung. Es habe sich viel verändert. Die Zuschauerin sei heute aufgeklärter über die Vorgänge im Sport. Kritischer Journalismus ist ein inhärenter Bestandteil von Sportjournalismus geworden. Was nicht heißen soll, dass man nur noch über Doping reden muss, wenn es um Olympia geht.
Die Akteure im Dopingsystem
Die eingesetzten Mittel beim Doping sind in der Regel zugelassene Medikamente für Krankheiten, die im Sport zweckentfremdet werden. Deshalb darauf zu schließen, dass hinter allem die Pharmaindustrie steckt, sei jedoch falsch: „Aus meiner Sicht sind es nicht die Pharmaunternehmen, die die treibenden Kräfte im Dopingsport sind. Ich glaube das ist ein Trugschluss, der sich so ein stückweit in den Köpfen verfestigt hat.“
Abseits der Sportler sind auch Ärzte große Profiteure vom Doping. Allen voran der spanische „Doping“-Arzt Fuentes: „Bis heute hält sich ja massiv, der aus meiner Sicht auch durchaus begründete Verdacht, dass auch weit in den Fußball hinein in Spanien Fuentes sein Unwesen getrieben hat.“
Wo das Interesse von Vereinen, Verbänden, Trainerinnen, Sponsoren und sogar Nationen im Doping liegt, erklärt Hajo Seppelt im Podcast. Dabei lässt er auch die Journalisten und sich selbst nicht aus.
„Doping ist eine Win-win-Situation, wenn man nicht drüber spricht. Und ist eine Loose-loose-Situation für jeden, wenn darüber gesprochen wird. Und jetzt frage ich Sie: ‚Welches Interesse sollen die Sportverbände daran haben, Doping aufzudecken?'“
Hajo Seppelt
Warum Doping häufiger im Kraft- und Ausdauersport bekanntwird
Michael möchte wissen, warum es kaum bekannte Dopingfälle aus der Welt des Fußballs gibt. Hajo Seppelt ist sich sicher, dass auch hier Doping eine Rolle spielt. Allerdings seien im Fußball neben der quantitativen Leistung auch Spielwitz und Spontanität gefragt. Dazu kommt ein immenser Druck auf Fußballjournalisten: „Wenn man einmal im Fußball recherchiert, dauert es nicht lange, bis da Leute drohen, dass man doch mal bitte aufpassen soll.“
„Es ist ganz simpel so, dass es Sportarten gibt, die eine höhere Dopinganfälligkeit haben als andere. Das liegt in der Natur der Sache.“
Hajo Seppelt
Hajo Seppelt findet, dass der Sportjournalismus insgesamt kritischer geworden ist, dennoch: „Es gibt unzählige Reporter in Deutschland […], die tagtäglich über Fußball berichten. Und ich find’s schon sehr, sehr auffällig, wie wenig dieser klassischen Fußballreporter bereit sind auch mal hinter die Kulissen zu gucken. In der Regel ist es Entertainment, es ist Fantum.“
Abschließend spricht Hajo Seppelt über die Gefahren, die sein Beruf mit sich bringt. Wegen seiner Mitarbeit in der Aufdeckung des russischen Staatsdopings bekam Hajo Seppelt kein Visum für die Fußball WM 2018 in Russland. Als dieses ihm doch zugestanden wurde, drohte Hajo Seppelt vor Ort eine Art Untersuchungshaft. Letztendlich ist er in Deutschland geblieben: „Die Anfeindungen waren riesengroß und das hat auch dazu geführt, dass gelegentlich dann Leute auf mich aufgepasst haben. Manchmal auch öfter als gelegentlich.“
Zitate:
00:09:56 „Der ganze Radsport war völlig dopingverseucht. Es gab glaube ich kaum jemand, der nicht manipuliert hat.“
00:16:04 „Das fand‘ ich schon echt schräg, dass da Menschen, die in der Verantwortung stehen von einem plötzlich fordern, eine Sache anders darzustellen als sie quasi ist.“
00:20:42 „Warum ist im Sport die Denke immer so, dass es ein Massenpublikum interessieren muss? […] Das ist ein völlig schräger Ansatz.“
00:25:33 „Das sind Unterschiede, die wir einfach in Kauf nehmen müssen. Aber ansonsten versuchen wir eine Chancengleichheit herzustellen. Und das ist unter anderem dadurch gegeben: Menschen dürfen keine leistungsfördernden Substanzen nehmen.“
00:31:08 „Wir haben Sportbetrug live übertragen in die Wohnstuben. Über Jahre.“
00:35:09 „Aus meiner Sicht sind es nicht die Pharmaunternehmen, die die treibenden Kräfte im Dopingsport sind. Ich glaube das ist ein Trugschluss, der sich so ein stückweit in den Köpfen verfestigt hat.“
00:39:51 „Es gibt Ärzte, die diesen Zweig für sich entdeckt haben. Die nicht wenig verdient haben.“
00:40:47 „Bis heute hält sich ja massiv, der aus meiner Sicht auch durchaus begründete Verdacht, dass auch weit in den Fußball hinein in Spanien Fuentes sein Unwesen getrieben hat.“
00:50:09 „Doping ist eine Win-win-Situation, wenn man nicht drüber spricht. Und ist eine Loose-loose-Situation für jeden, wenn darüber gesprochen wird. Und jetzt frage ich Sie: ‚Welches Interesse sollen die Sportverbände daran haben, Doping aufzudecken?'“
00:54:21 „Es gibt genug Leute, die Sport unterwegs sind […], denen der sportliche Erfolg über alles geht und die auch bereit sind dafür alles, was an moralischer Legitimität zu berücksichtigen ist, über Bord zu werfen.“
00:57:48 „Es ist ganz simpel so, dass es Sportarten gibt, die eine höhere Dopinganfälligkeit haben als andere. Das liegt in der Natur der Sache.“
01:00:49 „Wenn man einmal im Fußball recherchiert, dauert es nicht lange, bis da Leute drohen, dass man doch mal bitte aufpassen soll.“
01:08:31 „Es gibt unzählige Reporter in Deutschland […], die tagtäglich über Fußball berichten. Und ich find’s schon sehr, sehr auffällig, wie wenig dieser klassischen Fußballreporter bereit sind auch mal hinter die Kulissen zu gucken. In der Regel ist es Entertainment, es ist Fantum.“
01:17:00 „Da kann ich mir sehr gut vorstellen, dass die meisten Leute natürlich nicht aktiv dieses Doping unterstützt haben. Aber, dass sie doch schön ihre Augen verschlossen haben vor dem riesengroßen Problem, das dieser Sport hatte.“
01:19:10 „Die Anfeindungen waren riesengroß und das hat auch dazu geführt, dass gelegentlich dann Leute auf mich aufgepasst haben. Manchmal auch öfter als gelegentlich.“