„Es hat in unserer Geschichte doch durchaus mal den ein oder anderen Fall gegeben, wo Doppelagenten eingeschleust wurden.“
Isabelle Kalbitzer
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Isabelle Kalbitzer über die vielfältigen Aufgaben des BND
Isabelle Kalbitzer, die Pressesprecherin des Bundesnachrichtendienstes (BND), ist im MachtWas!?!-Podcast zu Gast. Ihre Position ist damit eine der wenigen, die sich in erster Linie um die Kommunikation nach außen dreht: „Wir fühlen uns ja sehr geehrt, dass wir der erste Nachrichtendienst sein dürfen, der in ’nem Podcast auftaucht.“
Michael und Isabelle Kalbitzer sprechen über die Funktion des BNDs, das Geheimagentenvorurteil, Rechtsextremismus und „Fake News“, die es nicht nur auf Facebook gibt. Außerdem geht es um die Stimmung auf der Münchener Sicherheitskonferenz, die Bundeswehr und das Abhören unter Freunden.
Der BND hat nichts mit 007 zu tun. Aber was macht er dann?
Im Podcast erklärt Isabelle Kalbitzer, was die Aufgabe eines Auslandsnachrichtendienstes ist. Sie spricht dabei auch über die wenigen Parallelen und vielen Unterscheide, die es zum „Geheimagententum“ gibt.
„Bei den meisten Besuchergruppen, die wir empfangen, fällt zwangsläufig irgendwann das Wort: James Bond.“
Isabelle Kalbitzer
Oberflächlich gesagt, sammelt der Bundesnachrichtendienst Informationen über das Ausland und bereitet diese auf: „Gefahr ist ein sehr abstraktes Wort, soweit würde ich es nicht fassen. Also, wir sind für alle Themen zuständig, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung sind.“ Im Ausland ist der BND allerdings auch mitverantwortlich für die Sicherheit deutscher Soldatinnen außerhalb der Kasernen.
Isabelle Kalbitzer ordnet den BND zwischen Polizei, Verfassungsschutz und dem Militärischen Abschirmdienst (MAD) ein. Innerhalb des BNDs beschäftigt man sich in elf Abteilungen mit den unterschiedlichsten Themen. Das kann der Handel mit Massenvernichtungswaffen, die Cyberabwehr aber auch die normale behördliche Verwaltungsarbeit sein. Im Monat werden hier über 400 Berichte geschrieben; lange Analysen und tagesaktuelle Meldungen.
Wer erfährt, was der BND schon weiß?
Michael möchte wissen, woher der BND seine Aufgaben bekommt. Isabelle Kalbitzer erklärt im Podcast, dass das Bundeskanzleramt zwar die Dienst- und Fachaufsicht, nicht aber der alleinige Auftraggeber ist.
„Das Bundeskanzleramt, das Auswärtige Amt oder auch das Verteidigungsministerium, Innenministerium und so weiter. All das sind quasi unsere Kunden und Abnehmer.“
Isabelle Kalbitzer
In einer akuten Gefahrensituation gehen die Information auch direkt über das BKA an die Polizeibehörden. Isabelle Kalbitzer verdeutlicht, dass der BND keine Politik macht. Der BND stelle nur Informationen bereit. Wie die Empfängerinnen dieser Information damit umgehen, liege nicht mehr in der Hand eines Nachrichtendienstes.
Aber warum ist es für Deutschland überhaupt wichtig zu wissen, was an Orten passiert, die 20.000 km von Berlin entfernt sind? Isabelle Kalbitzer zeigt auf, warum die politische und ökonomische Stabilität in Drittstaaten wie Syrien oder Mali auch mit der Bundesrepublik zu tun hat: „Wir leben in einer globalen Welt, die immer vernetzter ist. Grenzen sind offen, was ja auch gut ist.“
(Illegale) Migration sei beispielsweise eins der Themen, das der BND im Blick behält. Wirtschaftsspionage gehöre eher nicht dazu und sei Aufgabe des Verfassungsschutzes. Es sei denn staatliche oder halbstaatliche Institutionen kommen ins Spiel.
Isabelle Kalbitzer verrät im Podcast, dass mit dem Umzug der ganzen Behörde von Pullach (Bayern) nach Berlin die Bedeutung des BND zugenommen hat.
Abhören im In- und Ausland
Neben der „offene Informationsbeschaffung“, die natürlich jedem zugänglich ist, hat ein Nachrichtendienst noch andere Methoden. Das sind die sogenannten „nachrichtendienstlichen Kompetenzen“.
„Es wird immer schwieriger zu verstehen, was ist jetzt ein Fakt ist, was ist tatsächlich passiert oder was wird nur suggeriert, dass es tatsächlich passiert ist.“
Isabelle Kalbitzer
Michael erkundigt sich bei Isabelle Kalbitzer, wie man jemanden in Äthiopien oder Afghanistan abhört. Falls der gesetzliche Rahmen gegeben ist, werden „Filter“ vor das Originalgespräch geschaltet. Mit dem geläufigen Begriff „hacken“ habe das nichts zu tun. Telekommunikationsanbieter würden in solchen Fällen mit dem BND zusammenarbeiten.
Isabelle Kalbitzer sagt, dass das nur unter bestimmten Voraussetzungen geschieht und dass man deutsche Staatsbürgerinnen grundsätzlich nicht abhören dürfte. Aber auch hierfür gibt es Sondergenehmigungen, wie den G10-Antrag. Nach einem kleinen Gang durch die Bürokratie, darf der BND beispielsweise deutsche Entführungsopfer, oder deutsche Terroristen orten und abhören: „Da gibt es aber auch Mittel und Wege für, dass sowas dann schnell passiert.“
Isabelle Kalbitzer erklärt im Podcast, welche Gesetze es zulassen, dass man sich in Datenzentren oder auf Rechnern beispielsweise von Terroristen Zugang verschafft. Das geschieht dann ohne das Einverständnis (oder die Notiz) der jeweiligen Betreiberinnen.
Für internationale Zusammenarbeit muss der kleinste gemeinsame Nenner ausreichen
Isabelle Kalbitzer zeichnet im Podcast das Bild eines großen Basars. Auf diesem werden unterschiedliche Informationen mit unterschiedlichen Partnern geteilt: „Zunächst muss man einmal sagen, dass kein Nachrichtendienst auf der Welt alleine arbeiten kann.“
Auch auf der Münchener Sicherheitskonferenz arbeitet man nicht nur mit den Geheimdiensten demokratischen Staaten zusammen. Isabelle Kalbitzer betont im Podcast, dass man trotz großer bilateraler Probleme bei bestimmten Themen miteinander kommuniziert.
„Und natürlich gibt es auch Zusammenarbeit mit Ländern, die möglicherweise keine lupenreinen Demokratien sind.“
Isabelle Kalbitzer
Allerdings kann man sich nicht hundertprozent sicher sein, dass die Informationen auch unter Bedingungen erlangt wurden, die sich im gesetzlichen Rahmen der Bundesrepublik befinden. Isabelle Kalbitzer erklärt, dass man hier von Fall zu Fall abwägen müsste.
Aber auch bei der Wahrhaftigkeit kann man sich nicht sicher sein. „Fake News“ kursieren nicht nur auf Facebook, sondern auch unter Geheimdiensten. Isabelle Kalbitzer spricht darüber, dass einzelne Informationen nur Puzzleteile sind. Diese müssen mit anderen Informationen abgeglichen werden.
Wie wird man Agentin Beamte beim BND?
Auch wenn der Bundesnachrichtendienst weder Menschen festnehmen noch Hausdurchsuchungen machen darf, sind einige Mitarbeiterinnen (zur Eigensicherung) an der Waffe geschult: „Richtig ist, dass auf jeden Fall jeder einzelne Mitarbeiter des BND eine immens große Verantwortung hat.“
Dazu kommt der Zugang zu sensiblen und hochgeheimen Informationen. Deshalb müssen Bewerberinnen einen Großteil ihres Lebens offenlegen. Das heißt beispielsweise, dass sie Referenzpersonen angeben und Auslandsaufenthalte erklären müssen. Das wird anschließend überprüft. Außerdem gibt es Folgeüberprüfungen für die Mitarbeiterinnen beim BND.
„Es hat in unserer Geschichte doch durchaus mal den ein oder anderen Fall gegeben, wo Doppelagenten eingeschleust wurden.“
Isabelle Kalbitzer
Wie auch das BfV nimmt der BND auch die Bekämpfung des Rechtsextremismus sehr ernst. Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden vor der Einstellung sicherheitsüberprüft – und diese wird regelmäßig wiederholt. Außerdem gibt es eine interne Revision, die einem möglichen Verdacht nachgeht. Grundsätzlich sei beim Thema Rechtsextremismus viel passiert: „Es hat einen parlamentarischen Auftrag gegeben, dass die Dienste darlegen sollten, wie und in welcher Form sie sich mit dem Thema Rechtsextremismus beschäftigen.“
Momentan sucht der BND vor allem junge Cyberspezialisten, aber grundsätzlich könne man sich in allen Bereichen bewerben: „Das Spektrum ist so breit. Wir haben mehr als 400 unterschiedliche Berufe tatsächlich bei uns im Dienst vertreten.“
Die Kontrolle eines Geheimdienstes
Isabelle Kalbitzer verdeutlicht wiederholt, dass der deutsche Bürger für den BND uninteressant ist. Eine flächendeckende Kontrolle würde es nicht geben. Und wer achtet darauf, dass das auch so bleibt?
„Die Behörde, die es früher einmal war, […], diese Behörde gibt es eben nicht mehr.“
Isabelle Kalbitzer
Momentan seien das mehrere unterschiedliche Gremien. Das Vertrauensgremium, das parlamentarische Kontrollgremium (PKGr), die G10-Kommission und das Unabhängige Gremium, die jeweils unterschiedliche Funktionen haben. Isabelle Kalbitzer spricht darüber, dass auch Bundestagsabgeordnete oft recht konkrete Fragen stellen. Diesen muss der BND dann eine Antwort geben.
Neben der parlamentarischen Kontrolle gibt es natürlich noch die Kontrolle durch den Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit und den Bundesrechnungshof.
Abschließend appelliert Isabelle Kalbitzer an das Publikum des MachtWas!?!-Podcasts: „Bitte, alle Hörer, wenn Sie mal einen Film sehen, wo ein Tatort aufgeklärt wird und dann irgendjemand sagt: ‚Hier ist jetzt der Verfassungsschutz oder der BND. Wir sind jetzt dran.‘ Das ist totaler Blödsinn!“
Außerdem mahnt sie, dass sich nicht nur Bundeskanzlerinnen, sondern alle Bürger darüber bewusst sein müssen, welche Datenspuren sie im Internet hinterlassen.
Zitate:
00:02:48 „Wir fühlen uns ja sehr geehrt, dass wir der erste Nachrichtendienst sein dürfen, der in ’nem Podcast auftaucht.“
00:04:52 „Bei den meisten Besuchergruppen, die wir empfangen, fällt zwangsläufig irgendwann das Wort: ‚James Bond.'“
00:10:49 „Gefahr ist ein sehr abstraktes Wort, soweit würde ich es nicht fassen. Also, wir sind für alle Themen zuständig, die von außen- und sicherheitspolitischer Bedeutung sind.“
00:13:04 „Das Auswärtige Amt oder auch das Verteidigungsministerium, Innenministerium und so weiter. All das sind quasi unsere Kunden und Abnehmer.“
00:16:56 „Wir leben in einer globalen Welt, die immer vernetzter ist. Grenzen sind offen, was ja auch gut ist.“
00:18:35 „Wir steuern natürlich keine Migrationsströme und wir treffen auch keine politischen Entscheidungen.“
00:29:46 „Ich glaube, was man schon feststellen kann ist, dass die Arbeit und die Analysen des BNDs an Bedeutung zumindest nicht abgenommen haben.“
00:33:22 „Es wird immer schwieriger zu verstehen, was ist jetzt ein Fakt ist, was ist tatsächlich passiert oder was wird nur suggeriert, dass es tatsächlich passiert ist.“
00:38:58 „Das [Technologie, Hacking] gehört mit zu den größten Herausforderungen, auch mit zu dem größten Bedrohungsprofil, dem sich Deutschland gegenübersieht.“
00:43:42 „Da [für den G10-Antrag] gibt es aber auch Mittel und Wege für, dass sowas dann schnell passiert.“
00:45:03 „Zunächst muss man einmal sagen, dass kein Nachrichtendienst auf der Welt alleine arbeiten kann.“
00:46:37 „Und natürlich gibt es auch Zusammenarbeit mit Ländern, die möglicherweise keine lupenreinen Demokratien sind.“
00:54:19 „Richtig ist, dass auf jeden Fall jeder einzelne Mitarbeiter des BND eine immens große Verantwortung hat.“
00:55:00 „Bitte, alle Hörer, wenn Sie mal einen Film sehen, wo ein Tatort aufgeklärt wird und dann irgendjemand sagt: ‚Hier ist jetzt der Verfassungsschutz oder der BND. Wir sind jetzt dran.‘ Das ist totaler Blödsinn!“
00:56:25 „Es hat in unserer Geschichte doch durchaus mal den ein oder anderen Fall gegeben, wo Doppelagenten eingeschleust wurden.“
01:00:55 „Es hat einen parlamentarischen Auftrag gegeben, dass die Dienste darlegen sollten, wie und in welcher Form sie sich mit dem Thema Rechtsextremismus beschäftigen.“
01:02:23 „Das Spektrum ist so breit. Wir haben mehr als 400 unterschiedliche Berufe tatsächlich bei uns im Dienst vertreten.“
01:06:32 „Die Behörde, die es früher einmal war, […], diese Behörde gibt es eben nicht mehr.“