„Die Polizei als Spiegelbild der Gesellschaft stimmt ehrlicherweise gar nicht. Obwohl ich das gerade in einem Interview gesagt habe.“
Ralf Martin Meyer
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Ralf Martin Meyer über Macht, Politik und die Herausforderungen im polizeilichen „Tagesgeschäft“
In dieser Folge des MachtWas!?!-Podcasts ist Michael im Hamburger Polizeipräsidium zu Gast und spricht mit Ralf Martin Meyer, dem Polizeipräsidenten der Stadt. Ralf Martin Meyer stellt sich gerne als ehemaligen Standardbeamten vor, der aus einem der umliegenden Bundesländer (in diesem Fall Niedersachsen) Hamburgs kommt und in einer Doppelhaushälfte am Stadtrand wohnt.
Er ist mittlerweile aber Chef der Hamburger Polizeibehörde und damit für rund 11.000 MitarbeiterInnen verantwortlich… also kein normaler Beamter mehr. Als Arbeitgeber ist die Polizei für die Stadt Hamburg fast so wichtig wie bspw. OTTO.
Ralf Martin Meyer und Michael sprechen über die Rolle der Polizei in Hamburg und Deutschland, „Fridays For Future“- und „Black Lives Matter“-Demonstrationen, Schichtdienst, Macht und Empathie und Rassismus.
Als Blechbläser zur Hamburg Polizeibehörde
Im Podcast erklärt Ralf Martin Meyer, warum er mit dem Wechsel zur Kriminalpolizei bereits seit 1983 keine Uniform mehr trägt und warum er als Polizeipräsident nicht mehr die Unkündbarkeit eines Beamten genießt, sondern ein politisches Amt innehat.
„Macht ist keine Kategorie, die mich bewegt.“
Ralf Martin Meyer
Die Polizistinnen und Polizisten in Hamburg kommen zu 85% aus den Gymnasien Niedersachsens, Schleswig-Holsteins und Mecklenburg-Vorpommerns. Ralf Martin Meyer erläutert im Podcast, wie die Beamten in die drei Vollzugsbereiche Kriminalpolizei, Schutzpolizei und Wasserschutzpolizei aufgeteilt sind und welche Aufgaben die jeweiligen Bereiche haben.
Ralf Martin Meyer macht deutlich, dass er nicht der einzige in der Polizeibehörde sei, der keine Uniform trägt. Ob Trompetenspieler, PhysikerIn oder Wirtschaftswissenschaftler: Die 11.000 Mitarbeiterinnen der Hamburger Polizeibehörde arbeiten in 70 verschiedenen Berufen. Zu den drei genannten Vollzugsbereichen kommen unter anderem noch: Polizei-Akademie, Personalabteilung, Justiziariat, IT-Abteilung usw.
Wie managt man die Polizei?
Für seine Arbeit ist es dem Polizeipräsidenten wichtig, „den Elfenbeinturm“ regelmäßig zu verlassen. Er setzt sich auf die Rückbank von Streifenwagen oder auf die Wache, hört zu und beobachtet. Außerdem ruft er jeden im Dienst verletzten Hamburger Polizisten persönlich an.
„Da wird man dann eingeladen und damals von Olaf Scholz etwas abgeklopft und das wars dann auch.“
Ralf Martin Meyer
Neben den Kaffee- und Keksmischungen in den einzelnen Dienststellen geht es im Podcast aber auch um den Kontakt zu Hamburgs Innensenator. Mit diesem fände ein eher informeller und vertrauensvoller Austausch statt. Kontakt zum Bürgermeister persönlich habe Ralf Martin Meyer eher wenig.
Demos und der Einfluss von Parteien auf die Polizei
Michael möchte wissen, ob sich die Strategien in einer Polizeibehörde ändern, wenn unterschiedliche Parteien das Amt des Innensenators besetzen. Ralf Martin Meyer erklärt im Podcast, dass er eher von den Sicherheitsinteressen der Steuerzahlerinnen gelenkt werde. Trotzdem verweist er auf deutliche Unterschiede zu der Zeit als die rechtspopulistische „Schill-Partei“ den Innensenator gestellt hat.
Im Podcast spricht der oberste Polizist der Stadt über die Festnahmen Minderjähriger nach der großen „Black Lives Matter“-Demonstration am Hamburger Rathaus und Jungfernstieg. Außerdem thematisiert er, warum es sehr schwierig sei zu erklären, dass sich PolizistInnen oftmals im gültigen Rechtsrahmen bewegen, auch wenn sie beispielsweise jemandem bei einer Festnahme den Arm auf dem Rücken verdrehen.
Warum man von chilenischen Einbrecherbanden nicht darauf schließt, dass Chilenen Einbrecher sind
Rassismus sei in der Polizei genauso vorhanden wie in der Gesellschaft selbst. Ralf Martin Meyer findet es trotzdem nicht richtig zu pauschalisieren und zu behaupten, dass die Polizei ein strukturelles Problem mit Rassismus habe. Einzelfälle können aber immer wieder auftauchen: „Man kann niemandem, den man einstellt, im Vornherein in den Kopf gucken und das alles ausschließen.“
Im Podcast macht der Polizeichef klar, dass deshalb ein internes und konsequentes Durchgreifen wichtig sei und erklärt die Möglichkeiten, die Vorgesetzte haben, um Beamte kurzfristig aus dem Dienst zu nehmen. Zudem seien die Bürger mit ihrem Smartphone quasi eine weitere Kontrollinstanz.
Ralf Martin Meyer erklärt weiterhin, warum er den meisten Polizistinnen zutraut, von einer Häufung chilenischer Einbrecherbanden nicht darauf zu schließen, dass „der Chilene ein Einbrecher ist“.
Polizisten sind keine Schiedsrichter, oder doch?
Der Polizeipräsident lehnt Michaels Parallele des Polizisten als Schiedsrichter ab. Im Gegensatz zur Schiedsrichterin würden Beamte nicht nur dann wahrgenommen werden, wenn sie schlechte Entscheidungen treffen.
„Wenn ich Beamte im Streifendienst sehe, dann ist das positiv.“
Die meisten Menschen empfänden Polizeipräsenz als etwas Positives. Das sei beispielsweise der Fall, wenn zur dunklen Jahreszeit die Wohnungseinbrüche zunehmen und die Polizei häufiger in Wohngegenden vor Ort ist. Welche Gemeinsamkeit der Hamburger Polizeipräsident dennoch in diesen zwei Berufen feststellen kann, verrät er im Podcast.
Zum Schluss geht es um den G20-Gipfel von 2017 und Ohnmachtsgefühle der Polizei auf der Hamburger Sternschanze, außerdem um die unterschiedliche Verfolgung von Wirtschaftsverbrechen, Hamburgs Rockerbanden und das Rotlichtmilieu.
Dem Polizeipräsidenten ist es wichtig immer wieder deutlich zu machen, dass Polizistinnen und Polizisten ganz normale Menschen und keine Roboter sind.
Zitate:
9:30 „Macht ist keine Kategorie, die mich bewegt. Mich bewegt eher, wie man es schafft die Menschen zu erreichen.“
13:40 „Man guckt wie so ein Helikopter von oben.“
15:30 „Da wird man dann eingeladen und damals von Olaf Scholz etwas abgeklopft und das wars dann auch.“
19:40 „Da ich selbst ein politischer Mensch bin und mir auch nicht einbilde man sei sozusagen neutral.“
24:40 „Wir haben in unserer Gesellschaft alle einen Deal: Keiner haut dem anderen auf die Glocke. […] Es gibt nur eine Ausnahme: Das ist die Polizei, die wird sogar dafür bezahlt damit sie als Regelungsinstitution, als Schiedsrichter, zu Auseinandersetzungen kommt.“
33:00 „Es gibt kaum eine Berufsgruppe, wo man von dem Verhalten eines Einzelnen auf das Verhalten einer ganzen Organisation schließt. Das ist aber auch logisch, weil die Polizei eben dieses Gewaltmonopol hat.“
36:30 „Die Polizei als Spiegelbild der Gesellschaft stimmt ehrlicherweise gar nicht. Obwohl ich das gerade in einem Interview gesagt habe.“
38:30 „Man kann niemandem, den man einstellt, von Vornherein in den Kopf gucken und das alles ausschließen.“
49:05 „Wenn ich Beamte im Streifendienst sehe, dann ist das positiv.“
54:10 „Das ist sicherlich so, dass man den Schwerpunkt in den Delikten hat, die für den Bürger auf der Straße sichtbar werden und man weniger guckt, was eigentlich unser Bruttosozialprodukt oder das Finanzsystem schädigt.“
59:40 „Ich merke, dass die Kollegen auch sehr erfüllt in den Ruhestand gehen.“