„Also, wir haben mit dem Gesetz kein Problem. Wir sind nicht diejenigen, die dagegensprechen [Lobbygesetz].“
Joachim Lang
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Warum ist Lobbyarbeit negativ konnotiert?
Joachim Lang, der Hauptgeschäftsführer des Bundesverbands der Deutschen Industrie (BDI) ist im MachtWas!?!-Podcast zu Gast. Vor der Tätigkeit im größten Interessenverband der deutschen Industrie war Joachim Lang als Unternehmenslobbyist für e.on und als politischer Beamter tätig. Nach dem Jurastudium hat er in verschiedenen Ministerien gearbeitet. Zuletzt war er mit der CDU/CSU-Fraktion im Kanzleramt. Mit einem kennt sich unser heutiger Gast also aus: Lobbyismus.
Im Podcast geht es um die Zusammenarbeit der unterschiedlichen Akteure und die eigentliche Aufgabe des BDI. Besprochen werden auch die unterschiedliche Lebenswelten von Ingenieurinnen und Geisteswissenschaftlern und warum Medien manchmal wichtiger sind als Ministerien. Und wo steht der Industriestandort Deutschland im weltweiten Vergleich?
Der BDI verbindet und versöhnt Interessenverbände
Der BDI ist ein Dachverband. Joachim Lang koordiniert die Interessen von 40 weiteren Verbände aus der deutschen Industrie. Die einzelnen Unternehmen sind dann wiederrum Mitglied bei den Unterverbänden des BDI. „Die sind alle bei uns organisiert, sodass wir einen ganz guten Überblick darüber haben, was in der Industrie so läuft.“
„Einmal geht es darum, dass wir eine eigene Position erarbeiten. Das ist schon teilweise echt anspruchsvoll. […] Nehmen wir mal das Beispiel ‚Klimaschutz‘: Dass es sehr, sehr unterschiedliche Meinungen dazu gibt. Über die Breite der gesamten Industrie.“
Joachim Lang
Joachim Lang erklärt, dass sich der BDI über Mitgliedbeiträge finanziert. Diese Beiträge sind vom Umsatz und der Mitarbeiterinnenzahl der jeweiligen Branche abhängig.
Der Alltag beim BDI weise gewisse Ähnlichkeiten zu Joachim Langs früherem Arbeitsplatz im Bundestag auf. Die ungefähr 200 Mitarbeiterinnen finden sich in Ausschüssen zu Themen wie Energie, Mobilität und Steuern zusammen. Joachim Lang erklärt, wie diese dann mit Vertreterinnen unterschiedlicher Unternehmen gemeinsame Stellungnahmen ausarbeiten. Im Podcast erfahrt ihr, warum das herausfordernd sein kann und welche Extrempositionen manchmal miteinander vereinbart werden müssen.
Dolmetschen zwischen Politik und Industrie
Etwa fünf Menschen beschäftigen sich mit einem Thema beim BDI. Joachim Lang spricht darüber, dass diese im Kontakt mit den jeweiligen (Landes-)Ministerien stehen. „Natürlich spricht man dann auch mit den Ministern darüber, weil am Ende müssen sie weitreichende Entscheidungen treffen. Und dann wollen natürlich alle Beteiligten, dass die auf einer soliden Basis getroffen werden und dann auch ein gutes Ergebnis erzielen, mit dem möglichst viele einverstanden sind.“
Im Podcast verrät Joachim Lang, welche zwei Fähigkeiten seine Mitarbeiterinnen unbedingt brauchen. Während der Austausch in der Regel gewinnbringend sei, müsse man aber auch immer wieder auf die „Parteibrillen“ achten: „Manchmal merkt man aber auch, dass ein Ministerium einen gewissen Spin hat. Das bleibt nicht aus. Je weiter man nach oben kommt, desto politischer wird natürlich gedacht.“
„Wenn jetzt die Opposition ‘nen superguten Vorschlag macht, kann es gut sein, dass die Regierung den nicht nimmt, weil der von der Opposition kommt.“
Joachim Lang
Joachim Lang schreibt dem BDI auch eine Übersetzerrolle zu. Nicht nur zwischen Wirtschaft und Politik, sondern auch zwischen Ingenieurinnen und Geisteswissenschaftlern.
Interessen müssen nicht nur mit der Politik koordiniert werden
Der BDI arbeitet aber nicht nur mit Ministerien und Medien zusammen. Joachim Lang erläutert, wie die Kooperationen und Absprachen mit anderen Verbänden, NGOs, Kirchen oder Gewerkschaften ablaufen. Dass insbesondere letztere mit dem BDI viele gemeinsame Ziele hätten, würde immer noch einige Politikerinnen überraschen.
Joachim Lang glaubt, dass Medien oftmals nicht merken würden, dass sie von Interessenverbänden instrumentalisiert werden. Das geschehe, weil die Medien glauben, etwas Gutes zu tun. Im Podcast verrät Joachim Lang, warum er eine moralbasierte Argumentationen oft nicht für hilfreich hält. Er setze seine Hoffnung vielmehr in technologischen Fortschritt und die Industrie.
„Viele arbeiten ausschließlich über die Medien und ganz wenig über die Ministerien. Gerade weil die Medien eine so große Bedeutung haben.“
Joachim Lang
Joachim Lang macht auch klar, dass Probleme oft so komplex seien, dass der BDI auf Kooperationen und Allianzen von verschiedenen Akteuren angewiesen sei: „Und wenn man ernsthaft auch mal die Brille des anderen aufzieht und versucht die andere Seite zu verstehen. Das hilft dann auch vielleicht einen Kompromissvorschlag zu machen, der die Politik dann überzeugt.“
(Moralisch) gute und schlechte Lobbyarbeit
Joachim Lang findet, dass jeder, der Interessen wahrnehmen möchte, Lobbyarbeit machen muss. Ferner spricht er sich im Namen des BDI für ein Lobbytransparenzregister aus. „Also, wir haben mit dem Gesetz kein Problem. Wir sind nicht diejenigen, die dagegensprechen [Lobbygesetz].“ Einzelgänger, die den Ruf ruinieren, müsse man jedoch verhindern.
Allerdings gebe es viele Gruppen, die finden, dass ein solches Lobbygesetz nicht auf sie zutreffe. Nicht zuletzt die Kirchen. Joachim Lang spricht im Podcast aber auch über die schwierige Einstellung einiger Anwaltskanzleien. Insbesondere dann, wenn diese versuchen geltendes Recht im Interesse ihrer Mandanten zu ändern.
Welche Probleme hat die deutsche Industrie?
Amerika hat Elon Musk, Apple und Amazon. Michael möchte wissen, warum in Deutschland Internet und Innovation auf der Strecke bleiben.
Im Podcast verdeutlicht Joachim Lang zuerst einmal, dass er diese Wahrnehmung für falsch hält. Es gebe eher das Problem, dass deutsche Grundlagenforschung nicht schnell genug in deutsche Unternehmen komme. Das sei beispielsweise beim Mobilfunkstandard 5G so gewesen. Dieser wurde vom Fraunhofer-Institut in Berlin entwickelt und vom chinesischen Hersteller Huawei aufgekauft.
Joachim Lang erklärt, was der USP der deutschen Industrie sei: Das Wissen, wie ein Unternehmen am besten produziert. Außerdem geht es um den Zusammenhang von Digitalisierung und der Individualisierung von Produkten.
„Worin wir wirklich richtig gut sind, ist Industrie 4.0.“
Joachim Lang
Abschließend spricht sich Joachim Lang dafür aus, dass man sich auf das Licht am Ende des Pandemietunnels konzentrieren solle: „Wir werden da wieder rauskommen. Und wir werden am Ende eine Beschleunigung von Entwicklung erlebt haben, die uns dabei helfen wird wieder positiv in die Zukunft zu schauen.“
Zitate
05:57 „Die sind alle bei uns organisiert, sodass wir einen ganz guten Überblick darüber haben, was in der Industrie so läuft.“
08:50 „Einmal geht es darum, dass wir eine eigene Position erarbeiten. Das ist schon teilweise echt anspruchsvoll. […] Nehmen wir mal das Beispiel ‚Klimaschutz‘: Dass es sehr, sehr unterschiedliche Meinungen dazu gibt. Über die Breite der gesamten Industrie.“
15:06 „Natürlich spricht man dann auch mit den Ministern darüber, weil am Ende müssen sie weitreichende Entscheidungen treffen. Und dann wollen natürlich alle Beteiligten, dass die auf einer soliden Basis getroffen werden und dann auch ein gutes Ergebnis erzielen, mit dem möglichst viele einverstanden sind.“
17:20 „In diesen Bereichen kennt man die Leute dann mit der Zeit auch.“
17:55 „Manchmal merkt man aber auch, dass ein Ministerium einen gewissen Spin hat. Das bleibt nicht aus. Je weiter man nach oben kommt, desto politischer wird natürlich gedacht.“
20:00 „Wenn jetzt die Opposition ‘nen superguten Vorschlag macht, kann es gut sein, dass die Regierung den nicht nimmt, weil der von der Opposition kommt.“
21:35 „Viele arbeiten ausschließlich über die Medien und ganz wenig über die Ministerien. Gerade weil die Medien eine so große Bedeutung haben.“
26:20 „Und wenn man ernsthaft auch mal die Brille des anderen aufzieht und versucht die andere Seite zu verstehen. Das hilft dann auch vielleicht einen Kompromissvorschlag zu machen, der die Politik dann überzeugt.“
31:50 „Also, wir haben mit dem Gesetz kein Problem. Wir sind nicht diejenigen, die dagegensprechen [Lobbygesetz].“
39:56 „Worin wir wirklich richtig gut sind, ist Industrie 4.0.“
51:19 „Wir werden da wieder rauskommen. Und wir werden am Ende eine Beschleunigung von Entwicklung erlebt haben, die uns dabei helfen wird wieder positiv in die Zukunft zu schauen.“