„Im Grunde ist ein Verein wie Liverpool eigentlich kein englischer Verein.“
Raphael Honigstein
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Raphael Honigstein über den Fußball als Produkt und Vereine, die eigentlich Firmen sind
Egal, ob man nun an Fußball interessiert ist oder nicht: Die gesellschaftliche Relevanz, die der Ballsport auf der ganzen Welt hat, kann man ihm nicht absprechen. Außerdem steckt hinter dem Fußball ein ganzer Wirtschaftszweig mit eigenem System. Raphael Honigstein ist im MachtWas!?!-Podcast zu Gast und erklärt, wie dieses System funktioniert und was Fußball(-business) eigentlich ausmacht. Der gebürtige Münchener lebt in London und ist in Deutschland als Experte für die Premier League und in England als Experte für die Bundesliga bekannt. Außerdem ist er Autor mehrerer Bücher (u.a. „Ich mag, wenn´s kracht“, eine Jürgen Klopp Biographie) und schreibt für 11 Freunde, den Spiegel, The Athletic und viele mehr über den Kosmos Fußball.
Worin sich Pep Guardiola und Jürgen Klopp unterscheiden, welchen besonderen Wert die Sportschau in Deutschland hat, was der Erfolg des FC Barcelona mit den Unabhängigkeitsbestrebungen Kataloniens zu tun hat und warum 500 Franzosen aber nur 120 Engländer in den europäischen Ligen außerhalb ihres Heimatlandes spielen, erfahrt ihr im Podcast.
Der Club ist kein e.V.
Raphael Honigstein erklärt im Podcast, warum die Premier League nicht nur wegen der englischen Sprache international mehr Fans (oder Konsumenten) als die Bundesliga begeistern kann.
Um eine Liga und Vereine (oder Produkte) bekanntzumachen, braucht es finanzielle Mittel für Marketing. Geld erhalten die Clubs vor allem durch die Lizensierung der Übertragungsrechte an das Pay-TV und durch Investoren. Raphael Honigstein redet mit Michael über die historischen gewachsenen Unterschiede zwischen englischem und deutschem Fußball. Während man hierzulande immer noch von Vereinen spricht, sind die Clubs in England seit jeher Firmen. In England hat man keine Angst vor ausländischen Investoren. Jeder Fußball-Fan auf der Insel hat die Hoffnung, dass ein reicher Investor dem Club zu mehr Erfolg verhilft.
Raphael Honigstein macht klar, dass das System auch dazu führen kann, dass Vereine wirtschaftlich sehr erfolgreich sind, sportlich jedoch nicht besonders auffallen. Da es den Fans am Ende aber um das Produkt auf dem Rasen geht, können die Investorinnen den spielerischen Erfolg nicht ganz außer Acht lassen. Der Einfluss der Fans auf Investoren sei also noch da. Das konnte man auch kürzlich sehen, als der Druck auf den wohlhabenden Eigentümer eines Clubs wuchs, weil dieser auf Grund der Covid-19-Krise Kurzarbeit anmelden wollte.
Warum der TV Sender Sky in England besser funktioniert als in Deutschland und warum die Einnahmen durch die Fernsehlizensierung dementsprechend größer sind, erklärt Raphael Honigstein im Podcast.
Warum es manchmal mehr als wirtschaftliche Gründe für den Kauf eines Vereins gibt
Raphael Honigstein und Michael überlegen im Podcast, warum es Dietmar Hopp mit den englischen Fans leichter gehabt hätte als mit den Deutschen, wenn er sich beispielsweise beim Newcastle United F.C. engagiert hätte statt beim TSG 1899 Hoffenheim. Aber warum kauft man eigentlich einen Verein?
Auch wenn die Eigentümerstrukturen unterschiedlich seien, ginge es in erster Linie um Rendite. Raphael Honigstein sagt zu dem immer größer werdenden Anteil an amerikanischen Investoren in England: „Denen geht es in erster Linie ums Geld. Die sehen Wertschöpfung und die sehen, dass die (Preise für) TV-Rechte sich kontinuierlich gesteigert haben. Dass die Leute eben nicht genug bekommen können!“
Mit Manchester City gäbe es jedoch einen Ausnahmefall. Der Club gehört seit 2008 indirekt dem Emirat Abu Dhabi, dem nicht nur wirtschaftliche, sondern auch politische und ideologische Interessen unterstellt werden. Raphael spricht im Podcast darüber, welchen Beigeschmack das für die Engländer, trotz sportlichen Erfolges und immenser Investition in Vereinsstrukturen, hat: „Wenn das ein Marketingunternehmen wäre und nicht aus Abu Dhabi käme, sondern Pepsi hieße, dann wäre die Diskussion in England gar nicht vorhanden.“
„Was die Bundesliga bräuchte wären eben mehr FC Bayerns.“
Raphael Honigstein
Während die Premier League Clubs (oder Marken) unter sich vereint, die wertvoller sind als sie selbst, kenne man außerhalb Deutschlands nur die Bayern und allenfalls noch den BVB. Raphael und Michael sprechen im Podcast über die Vorteile und Unterschiede zu anderen europäischen Ligen, beispielsweise auch zur Primera División in Spanien.
Der englische Fußball ist nicht nur auf dem Platz schneller (weil nachweislich weniger gepfiffen wird), auch im Fernsehen werden nur die Top-Spiele übertragen. Raphael Honigstein verdeutlicht, wie sich diese Highlights besser inszenieren lassen, wenn nur die Hälfte aller Spiele in Großbritannien live gezeigt werden.
Globale Clubs und neue Trainerrollen
Der FC Bayern und der FC Liverpool unterscheiden sich nur noch minimal voneinander. „Im Grunde ist ein Verein wie Liverpool eigentlich kein englischer Verein.“ Raphael Honigstein spricht im Podcast darüber, wie sich europäische Vereine ab einem bestimmten Niveau ähneln und welche Gründe für junge Spieler bei einem Wechsel neben der Ablösesumme entscheidend sein können.
„Pep braucht die besten Spieler der Welt, das gibt er selbst zu.“
Raphael Honigstein
Zum Schluss erzählt Raphael Honigstein, warum er auch in seiner Wahlheimat London immer noch treuer Bayern-Fan ist und weshalb er als deutscher Journalist bei den deutschen Spielern in England ein besonderes Vertrauen genießt. Außerdem möchte Michael vom Autor der Jürgen-Klopp-Biografie wissen, wie sich Klopp von Pep Guardiola unterscheidet.
Zitate:
8:30 „Der Hauptunterschied ist, dass englische Vereine schon seit mehr als hundert Jahren als Firmen geführt werden.“
12:00 „Die Mehrzahl der Investoren sehen den Fußball schon als echtes Geschäft, von dem sie sich Rendite versprechen.“
12:30 Zu amerikanischen Investoren: „Denen geht es in erster Linie ums Geld. Die sehen Wertschöpfung und die sehen, dass die TV-Rechte sich kontinuierlich gesteigert haben. Dass die Leute eben nicht genug bekommen können!“
20:00 „Man darf sich das nicht so vorstellen, dass da Leute kommen und sagen: ‚Komm, wir hauen jetzt mal ‘ne Milliarde für Spieler raus.‘“
29:25 „Wenn das ein Marketingunternehmen wäre und nicht aus Abu Dhabi käme, sondern Pepsi hieße, dann wäre die Diskussion in England gar nicht vorhanden.“
36:00 „Ich bin immer sehr skeptisch wenn es heißt, dass die Blase platzen wird. Diese Argumente kommen seit 25 Jahren hoch und letztlich hat sich überhaupt nichts verändert.“
39:35 „Was die Bundesliga bräuchte wären eben mehr FC Bayerns.“
44:50 „Spanischer Fußball ist interessant aber letztendlich sprechen wir von 2,5 Mannschaften und in der Bundesliga sind es bisher nur 1,5 Mannschaften.“
48:50 „Nur die Hälfte der Spiele wird in Großbritannien live gezeigt.“
57:16 „Im Grunde ist ein Verein wie Liverpool eigentlich kein englischer Verein.“
57:36 „Man kann eigentlich gar nicht mehr sagen Premier League oder Bundesliga, sondern du musst einzelne Vereine vergleichen.“
1:03:20 „Dementsprechend ist die Premier League die globalisierteste Liga der Welt, wo weder Eigentümer, noch Trainer, noch Spieler im Zweifelsfall noch britisch sind. Was aber die Einheimischen wenig stört.“