„Energiepolitik ist zur Sicherheitspolitik geworden, da sind wir uns jetzt irgendwie einig. Entsprechend müssen wir gucken, wie wir ein System schaffen können, in dem wir davon nicht mehr abhängig sind.“
Luise Amtsberg
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Luise Amtsberg (Grüne), Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung und Roderich Kiesewetter (CDU), Außen- und Sicherheitspolitiker
Für diese MachtWas!?!-Folge war unser Host Michael zu Besuch im Bundestag. Dort traf er den CDU-Politiker Roderich Kiesewetter und Grünen-Abgeordnete Luise Amtsberg. Im Gespräch geht es um Russlands Angriff auf die Ukraine und welche Learnings die deutsche Politik daraus zieht. Weitere Themen sind unter anderem die Rolle Europas, Energiesouveränität und die Arbeit der Bundeswehr.
Die wichtigsten Timecodes dieser MachtWas!?!-Folge:
- 00:00:40: Vorstellung der Gesprächspartner
- 00:03:05: Russlands Invasion in die Ukraine: Reaktionen der Parteien
- 00:17:04: Key Learnings für die deutsche Politik
- 00:23:48: Entwicklung Bundeswehr und internationale Abhängigkeiten
- 00:36:37: Energiepolitik und verschiedene Wertevorstellungen
- 00:52:15: Vertrauen in die Politik Deutschlands
Deutschlands Learnings aus dem Ukraine-Krieg
Russlands Angriff auf die Ukraine sorgte auch im Bundestag für emotionale Momente. Amtsberg und Kiesewetter erzählen von den ersten Reaktionen und Gefühlen, die auf die Nachrichten folgten. Aber welche Learnings kann die deutsche Politik aus der Invasion ziehen? Auch wenn sich Roderich Kiesewetter und Luise Amtsberg oft einig sind, einige Unterschiede gibt es schon. Die Grünen-Politikern Amtsberg plädiert darauf, zu hinterfragen, welche Sicherheitspolitik die Bundesrepublik führt. Außerdem sei es wichtig, vorausschauende Humanitäre Hilfe zu leisten und sich Resilienz anzueignen. Kiesewetter bestätigt den Fokus auf diese Themen und ergänzt, dass auch die wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und damit die Ressourcenfrage in den Blick genommen werden muss. Zudem würden Integration, Menschenrechte und eine vorausschauende Flüchtlingspolitik eine essentielle Rolle spielen. Er spricht davon, Deutschland als Einwanderungsgesellschaft ganz neu aufzustellen und nennt als Schlagworte „Ermöglichkeitsgesellschaft“ und „Ermutigungsgesellschaft“.
Änderungsvorschläge für Bundeswehr und Energiepolitik
„Wir erkennen, dass wir Partner haben, die nicht unseren Werten entsprechen. Das hat bei Russland nie eine Rolle gespielt – weder bei Nord Stream 1 noch bei Nord Stream 2.“
Roderich Kiesewetter
In Zeiten des Krieges wird auch die Aufstellung der Bundeswehr immer häufiger debattiert. Sollte mehr Geld in die militärischen Bereiche investiert werden? Kiesewetter schlägt vor, insbesondere die Strukturen zu ändern und schlanker zu machen. Seiner Meinung nach sollte es eine effizientere straffere Führung geben und nicht so viele Hauptquartiere, die sich gegenseitig ihre Arbeit erschweren durch Bürokratien, Vorlagen, etc. Der CDU-Politiker sagt, dass es ein ganz klares Bekenntnis zur Landes- und Bündnisverteidigung gibt. „Parallel aber hat unsere Wirtschaft international ein Geflecht geschaffen, das uns auch vor moralische Fragen stellt.“ Die globalen Abhängigkeiten seien kritisch zu begutachten, weil durch die Zusammenarbeit oft eigene Werte verworfen werden. Deshalb formuliert Amtsberg auch als Fernziel die Energiesouveränität Deutschlands. Durch Verbrauchsreduzierungen, Innovationen und Investitionen in erneuerbare Energien solle man von Kohle, Öl und Gas wegkommen und zukünftig eine autarke Energiepolitik führen. Dieser Wandel brauche aber noch einige Zeit und die nötige Aufmerksamkeit der Politik.
Die große Europafrage
Amtsberg und Kiesewetter sind sich einig, dass in der aktuellen Situation die Chance und auch die Notwendigkeit liegt, dass sich Europa neu definiert. „Wir brauchen eine Idee von dem, was Europa sein will in der Wahrnehmung im europäischen Umfeld“, sagt der CDU Politiker. Nach Amtsbergs Meinung zeige insbesondere die Flüchtlingspolitik, dass Europa in entscheidenden Fragen nicht geschlossen auftritt. Sie sagt, dass das Potential einer weltpolitischen Stärke da ist, aber derzeit nicht ausgeschöpft wird. Außerdem dürfe in der derzeitigen Lage kein europäisches Land schweigen, wenn Menschenrechtsverletzungen innerhalb Europas stattfinden. Und auch Kiesewetter fordert weniger nationale Vorbehalte und mehr Europa – also eine gemeinsame starke Stimme. Abschließend fragt Michael, welche Maßnahmen es braucht, damit das Vertrauen der deutschen Bevölkerung in die Politik gestärkt wird. Amtsberg fordert vor allem mehr Ehrlichkeit von politischen Entscheidungsträgern. Kiesewetter unterstützt diesen Anspruch und findet auch, dass die Fehlerkultur verbesserungswürdig ist.
„Ich glaube wir alle als Abgeordnete und tatsächlich auch die in Regierungsverantwortung sollten uns stärker zu Fehlern bekennen und auch dazu stehen.“
Roderich Kiesewetter
Zitate:
00:19:21: „Ich denke das Thema Kriesenprävention hat eine ganz neue Gewichtung.“ (Roderich Kiesewetter)
00:30:27: „Für mich ist völlig klar, wenn wir eine Bundeswehr haben, dann muss sie auch operativ in der Lage sein, ihren Job zu machen – und das scheint so nicht der Fall zu sein.“ (Luise Amtsberg)
00:32:56: „Wir erkennen, dass wir Partner haben, die nicht unseren Werten entsprechen. Das hat bei Russland nie eine Rolle gespielt – weder bei Nord Stream 1 noch bei Nord Stream 2.“ (Roderich Kiesewetter)
00:33:50: „Trotz aller diplomatischen Anstrengungen gab es immer auch ein ganz klares Bekenntnis zur Landes- und Bündnisverteidigung. Parallel aber hat unsere Wirtschaft international ein Geflecht geschaffen, das uns auch vor moralische Fragen stellt.“ (Roderich Kiesewetter)
00:35:48: „Wir dürfen nicht Russland jeden Tag aus der EU heraus mit 700 Millionen finanzieren.“ (Roderich Kiesewetter)
00:36:18: „Ich glaube nicht, dass Putin das politisch überleben wird.“ (Roderich Kiesewetter)
00:38:44: „Energiepolitik ist zur Sicherheitspolitik geworden, da sind wir uns jetzt irgendwie einig. Entsprechend müssen wir gucken, wie wir ein System schaffen können, in dem wir davon nicht mehr abhängig sind.“ (Luise Amtsberg)
00:39:42: „Wie können wir unsere Lieferketten und unseren Konsum in eine Richtung lenken, der darauf setzt, Menschenrechtsverletzungen in den Lieferketten zu verhindern?“ (Luise Amtsberg)
00:42:46: „Ich glaube wir sind gemeinsam stark, nicht in der Frage ‚Haben wir immer das gleiche Ziel oder kommen wir immer zur selben Einschätzung‘, sondern stehen wir alle auf dem gemeinsamen Fundament, von dem wir glauben, dass es uns als Einheit auch stark macht: nämlich Demokratie und Rechtsstaatlichkeit“ (Luise Amtsberg)
00:48:33: „Wenn es uns nicht gelingt, Europa zu einem geopolitischen Akteur zu machen, dann werden wir auf Dauer auch kein geoökonomischer Faktor sein.“ (Roderich Kiesewetter)
00:50:40: „Ich glaube jetzt nicht nur, dass wir operativ bald handeln müssen und schneller werden müssen, sondern wir brauchen eine Idee von dem, was Europa sein will in der Wahrnehmung im europäischen Umfeld.“ (Roderich Kiesewetter)
00:58:20: „Ich glaube wir alle als Abgeordnete und tatsächlich auch die in Regierungsverantwortung sollten uns stärker zu Fehlern bekennen und auch dazu stehen.“ (Roderich Kiesewetter)