„Die Musik-Industrie braucht gar keine leuchtende Zukunft, denen geht es super. Das Problem ist nur, dass ihnen ja irgendwann auch die Künstler wegbrechen, wenn sie die nicht supporten.“
Petra Husemann
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Petra Husemann über die Musikindustrie, verschiedene Künstler, ihren Umgang mit Rammstein und die Zukunft der Branche
Künstler wie Rammstein, Tocotronic oder Sportfreunde Stiller wurden durch das alternative Musik-Label groß, von dem Petra Husemann seit 1994 ein wichtiger Teil ist. Angefangen als Promotionsleiterin ist sie seit 1999 Geschäftsführerin des Musik-Unternehmens. Im MachtWas!?! Podcast erzählt sie von ihrer Zusammenarbeit mit den Kunstschaffenden und was für sie einen Star ausmacht. Außerdem wird aufgedeckt, weshalb die Musik-Industrie boomt, obwohl die Künstlerinnen und Künstler während der Corona-Pandemie eine besonders schwere Zeit durchmachen.
Die wichtigsten Timecodes dieser MachtWas!?!-Folge:
- 00:02:48: Vorstellung Petra Husemann
- 00:12:26: Unterschiedliche Musik-Industriebereiche
- 00:18:19: Künstler-Promotion früher und heute
- 00:30:34: Definition erfolgreiche Künstler
- 00:42:57: Husemanns Umgang mit Rammstein und Co.
- 00:54:01: Zukunft der Musik-Industrie
Verschiedene Bereiche der Musik-Industrie
Einführend ordnen Michael und Husemann die einzelnen Bereiche der Musik-Industrie ein: Vom Label über die Produzenten bis hin zum Künstler-Management gibt es unterschiedliche Verantwortlichkeiten. Das Label beispielsweise organisiert die Produktion, verkauft das Produkt und ist schließlich auch für die Vermarktung verantwortlich. Bei 28,5 Prozent handle es sich noch um physische Produkte, also Vinyl und CDs, sagt Husemann. Eine wichtige Rolle komme außerdem dem Verlag zu, der die Rechte einer Komposition verwaltet. So erzählt die Musik-Chefin, dass das gesamte Autorenteam rund um einen Künstler inkl. des Verlages etwa drei Euro pro Sendeminute für einen seiner Songs erhält.
Die Musik-Branche im Wandel
„Wenn man Branchenberichte liest, dann steht da auch, dass zum Beispiel das letzte Jahr ein extrem gutes Jahr für die Musik-Industrie war. Für die Künstler waren die letzten zwei Jahre die schlimmsten Jahre die sie je erlebt haben.“
Petra Husemann
Die Corona-Pandemie war für Künstlerinnen und Künstler eine sehr schwere Zeit. Vor allem für Rock-Musik sei es unweigerlich auf Tour zu gehen, verkündet Husemann. Andere Plattformen würden sich nicht besonders zur Verbreitung des Stils eignen. In der Musik-Industrie gab es jedoch keine Einbußen – die Umsätze auf dem deutschen Markt stiegen 2020 sogar an. Das liegt laut Husemann besonders an der Digitalisierung. Durch das Streamen von Songs hat die Industrie viel weniger Kosten, erhält aber durch die gleichbleibenden Verträge einen höheren Gewinn. Unsere Gästin betont, dass sich die Aufgaben eines Labels von einem Allrounder-Paket zu einem fragmentierten Dienstleistungskatalog wandeln würden. Deshalb müssten die einzelnen Leistungen auch günstiger werden, weil die Künstlerinnen und Künstler heute bereits viel selbst in die Hand nehmen. Neben Promotion auf Social Media und Artwork übernehmen sie beispielsweise auch oft einen Großteil der Produktion. Da seien 20 Prozent als Abgabe vom Gewinn absurd, findet Husemann.
Wann gilt ein Künstler als erfolgreich?
Die Antwort von Petra Husemann lautet: „Erfolgreiche Künstler sind für mich eigentlich diejenigen, die es tatsächlich schaffen, das zu tun, was sie vorhatten und wollten und sich nicht verbiegen zu lassen und dabei soweit zu kommen, dass sie in irgendeiner Form davon leben können.“ Nicht alle Kunstschaffenden, die Erfolg haben, seien zudem Stars. „Die ganze elektronische Szene spricht dagegen“, sagt Husemann. Gerade in Deutschland würde man sich außerdem sehr auf die Sängerinnen und Sänger fokussieren, obwohl ja durchaus mehr Personen Teil der Produktion sind. Star-Potential haben ihrer Meinung nach Kreative mit einer gewissen Ausstrahlung, Bühnenpräsenz, Authentizität und Eigenständigkeit. Im Podcast erfährt Michael zusätzlich, wie man solche Stars entdeckt und als Label im besten Fall für sich gewinnt.
Blick in die zukünftige Musik-Szene
„Als Management würde ich auch nicht jeden managen, ich muss mich schon verstehen und man muss schon eine Wellenlänge haben. Ich muss auch verstehen, was der da eigentlich macht.“
Petra Husemann
Die Musikerinnen und Musiker, mit denen Husemann zusammen gearbeitet hat, kennt sie ziemlich gut. Im MachtWas!?! Podcast erzählt sie die ein oder andere Anekdote aus der Zusammenarbeit mit Rammstein und weshalb die Band mit ihrem Stil polarisiert hat. Mit Blick in die Zukunft sagt die Geschäftsführerin, dass sich die Musik-Industrie unbedingt neu definieren muss. Nur so könne sie auch zukünftig die Kunstschaffenden bei sich halten. Husemann fragt sich zudem, inwieweit Virtual Reality für die Musik-Szene eine Rolle spielen wird. Michael zweifelt daran, dass wir künftig mithilfe von VR-Brillen zum Konzert gehen werden. Unsere Gästin stimmt zu – schließlich gingen dadurch wichtige Elemente eines solchen Events verloren: Alkohol, Schweiß und natürlich die anderen Menschen.
Zitate:
00:04:39: „Unser Credo war immer: Es gibt ein Leben neben dem Mainstream.“
00:11:53: „Musik war mir immer nah, aber ich wollte niemals Künstlerin werden.“
00:17:55: „Ein Max Raabe spielt in anderen Hallen als Seeed, das ist ganz klar.“
00:19:11: „Bei Rock-Musik ist es unweigerlich so, dass man auf Tour gehen muss, weil so viele Rock-Sender gibt es in Deutschland nicht.“
00:20:01: „Früher war es so: Ich habe eine neue CD veröffentlicht und meine Fans rannten alle sofort in den Laden und es gab einen sehr hohen Umsatz. Heute sind die Umsätze klein, aber viel viel konstanter.“
00:22:25: „Für die klassische Industrie ist das jetzt sehr gut, weil sie viel viel weniger Kosten haben.“
00:23:00: „Wenn man Branchenberichte liest, dann steht da auch, dass zum Beispiel das letzte Jahr ein extrem gutes Jahr für die Musik-Industrie war. Für die Künstler waren die letzten zwei Jahre die schlimmsten Jahre die sie je erlebt haben.“
00:29:19: „Wir wollen tatsächlich Musik mit den Künstlern entwickeln und wir möchten, dass die auch tatsächlich ein Risiko mittragen und wir machen das als Dienstleistung.“
00:32:11: „Erfolgreiche Künstler sind für mich eigentlich diejenigen, die es tatsächlich schaffen, das zu tun, was sie vorhatten und wollten und sich nicht verbiegen zu lassen und dabei soweit zu kommen, dass sie in irgendeiner Form davon leben können.“
00:36:28: „Letztendlich sind die in gewisser Weise dann alle Stars. Was ist denn ein Star? Ein Star ist doch jemand, den Menschen bewundern, dem die folgen und der ein gewisses Charisma hat und eine gewisse Ausstrahlung. Und solche Leute sind natürlich auch solche Leute, die auf die Bühne gehen und das auch gerne machen.“
00:43:46: „Als Management würde ich auch nicht jeden managen, ich muss mich schon verstehen und man muss schon eine Wellenlänge haben. Ich muss auch verstehen, was der da eigentlich macht.“
00:54:22: „Die Musik-Industrie braucht gar keine leuchtende Zukunft, denen geht es super. Das Problem ist nur, dass ihnen ja irgendwann auch die Künstler wegbrechen, wenn sie die nicht supporten.“
00:56:39: „Ich finde, wenn jemand christliche Lieder singen möchte und die verkaufen möchte, dann ist das auch legitim und da wir ein Dienstleister sind machen wir das. Wenn jemand faschistische Lieder verkaufen will, machen wir das nicht.
“00:57:12: „Die Industrie muss sich glaube ich mal ein bisschen neu definieren.“
00:58:36: „Du weißt nie genau wann was richtig ist für TikTok.“
00:59:48: „Ich bin sehr gespannt, ob sich durch das jetzt immer schon groß angekündigte Metaverse für Musik viel ändern wird. Ob wir dann alle unsere Konzerthallen im Metaverse haben und die Leute dann nur noch mit Brille zum Konzert kommen.“